Berichte von Till Friedrich mit etwas Rücksicht auf nicht mit der Sportschifffahrt Vertraute. Kenntnisreichere Leser mögen über einige Erläuterungen auf Klippschul-Niveau für Nicht-Schiffer hinwegsehen.

Samstag, 11. April 2015

Frankreich 2015

Von der Saône zur Rhone

Im Vorjahr sind wir von Wiesmoor über Ems, Haren-Rütenbrock-Kanal, Holland, Amsterdam, Gouda und Belgien, Antwerpen, Gent nach Frankreich, Lille und weiter über Oise und Seine nach Paris, von dort über Yonne und Canal de Bourgogne nach Seurre an der Saône gefahren, wo wir unser Schiff über den Winter haben liegen lassen.

Seurre und St.Jean de Losne
Am 1.April (kein Scherz) sind wir dieses Jahr gestartet und mit dem Auto via Troisdorf am 2. April in Seurre angekommen.An diesem Gründonnerstag hat es die ganze Fahrt über geregnet, erst die letzten 70 KM vor Seurre wurde es trocken, so dass wir unseren ganzen Krempel nach der Ankunft gegen 15:00 Uhr im Trockenen aus- und ins Schiff einladen konnten, die Temperaturen waren mit 12 ° auch angenehm. Zuerst habe ich das Schiff jedoch aus dem Winterschlaf wieder in Funktion gesetzt, d.h. eine sogenannte Sicherungsgruppe (Überdruck und Überlauf) vor dem Warmwasserboiler musste wieder montiert werden, die ich wegen Frostgefahr im Herbst ausgebaut hatte. Dann Wasser einfüllen (400ltr plus 60 ltr Boiler), Leitungen entlüften. Strom hatte ich gleich nach der Ankunft angeschlossen und unsere altersschwachen Batterien haben sich tatsächlich gleich wieder gemeldet, sodass Licht und Strom für den Betrieb der Dieselheizung (beides über 12 Volt, Kühlschrank, Herd und diverse Küchengeräte laufen bei uns über 220 Volt - sei es über Landanschluss oder über Inverter aus den Battereien) gewährleistet waren. Heizung (im letzten September neu installiert) sprang auch gleich an und sorgt so neben Wärme in den Heizkörpern auch für warmes Wasser.

Unser braver Motor sprang nach 6 Monaten beim ersten Schlüsseldreh an und spülte den Frostschutz aus dem Seewasserkreislauf. Kurzum, alles funktionierte. Außer einigem Dreck auf Schiff und Persenning/Verdeck war auch sonst alles in Ordnung. Trotz scheußlichem Wetter an Karfreitag (an dem übrigens in Frankreich alle Geschäfte geöffnet sind und Handwerker und andere arbeiten wie jeden Tag) und Ostersamstag (Dauerregen) konnten wir es uns auf unserem Schiff also gemütlich machen. Ein kleines Problem stellte sich dann doch heraus, der kleine Heizkörper in der Toilette leckte. Aber beim Bricoleur (Heimwerkermarkt) konnte ich für 1,40 € einen Rohrverschluss erwerben und so den Heizkörper demontieren und das Rohr verschliessen. Und dann – Glück muss der Mensch haben – hatte ich beim Vorbeifahren im Ort einen Heizungsmonteur entdeckt, fahre Karfreitagnachmittag auf seinen menschenleeren Hof, und da biegt der Meister doch in dem Moment mit seiner Camionette um die Ecke, schaut sich das kleine Ding an, bei dem es am Heizungsrücklauf geleckt hatte, schraubt den aus, sagt, das ich den Schmodder („cochonnerie“), der sich dahinter verbirgt, vor dem Einbau auspülen soll, und setzt mir den Rücklauf gekonnt mit Dichthaar und irgendwelcher Paste wieder ein. 10 Minuten und 10 € später konnte ich wieder los, am Steg die Heizung ausspülen und wieder montieren. Alles dicht und so mußte man sich auf der Toilette auch den A... nicht mehr abfrieren.

Zum Frieren kam es dann ab Ostersonntag wegen funktionierender Heizung im Schiff nicht, aber das Wetter hatte sich völlig geändert: strahlend blauer Himmel mit einem eiskalten scharfen Nordostwind. D.h. morgens um 07:00 0° Aussentemperatur und im Schiff 6° (wir lassen nachts die Heizung nicht durchlaufen). Dennoch dreimal besser als das Aprilschauerwetter. Unser Schiff lag mit der Nase genau im Wind, d.h. unter unserem Cabrioverdeck war es geschützt und die Sonne heizte es auch etwas auf. Nachmittags konnten wir dann trotz des starken Windes unser altes Verdeck, das wir für die Überwinterung montiert hatten, abbauen und unser neues (2012) aufbauen. Ebenso den gröbsten Dreck von Dächern und Umgang entfernen.

Am Ostermontag habe ich das Schiff dann nach St.Jean de Lôsne (ca 18 KM stromauf) gefahren, Elke ist mit dem Auto dahin. Dort hatte ich schon vor einiger Zeit per e-mail mit der Werft Blanquard für Dienstag nach Ostern einen Termin für Inspektion (Ölwechsel, neuer Ölfilter, neue Dieselfilter, neuer Impeller) und den Wechsel unserer für die Bordstromversorgung zuständigen Batterien (2 x 220 Ah) gemacht. Alles hat wie verabredet am Dienstag und Mittwoch geklappt, während wir noch weitere Aufräum- und Säuberungsarbeiten vornehmen konnten. Das Wetter wurde jeden Tag wärmer, Mittwoch hörte auch der kalte Nordostwind auf zu blasen, sodass es in der Sommer geradezu sommerlich warm wurde.

Donnerstag, 9. April
noch ein Liegetag bei Blanquard, Einkäufe (u.a. Bier, deutsches Bier, bei Lidl, zwar nicht das Allerbeste, aber besser als das französische allemal), herrlicher Sonnentag, warm wie im Sommer.

Freitag, 10.April
St.Jean de Losne – Verdun sur le Doubs
48 KM, 10:15 – 14:20
Heute starten wir nun zu unserer Fahrt durchs südliche Frankreich. Der Plan: die Rhone abwärts, dann in die kleine Rhone zum Canal de Midi und dort dann weiter Richtung Bordeaux. Mal sehen, wie weit wir kommen...
Das Besondere dieses Jahr ist, das wir unser Auto mitnehmen. Nein, nicht auf dem Schiff, so groß ist es ja nun auch wieder nicht, sondern wir wollen es in Etappen jeweils nachholen indem ich mit dem im Vorjahr gebraucht erstandenen Falt-MoKick „de Blasi“ jeweils zurückfahre, das MoKick in den Kofferraum verfrachtet und dann wieder zum Schiff...
DiBlasi Mokick startbereit mit Pilotem auf dem Steg in Chalons sur Saône

klein zusammengefaltet
So haben wir es heute auch zum ersten Mal gemacht, d.h. Elke ist erst einmal die etwas langweilige Strecke von St.Jean bis Seurre mit dem Auto gefahren, an der Schleuse wieder aufs Boot geklettert und zusammen schipperten wir dann ins idyllische Verdun sur le Doubs. Von dort per MoKick zurück nach Seurre und das Auto nachgeholt. Hat gerade mal insgesamt eine Stunde gedauert, sodass noch genügend Zeit für sonnen auf dem Achterdeck und einem kleinen Rundgang durchs Städtchen blieb.
Verdun sur le Doubs
Samstag, 11.April
Verdun sur le Doubs – Chalon sur Saône
26 KM, 11:00 -13:00
Verdun sur le Doubs – Chalon sur Saône
Verdun ist wirklich ein hübsches Städtchen. Es liegt am Doubs kurz vor dessen Mündung in die Saône. Man dreht also vor einer Brücke von der Saone in die Mündung des Doubs und muß mit kräftiger Strömung rechnen, wir hatten so ungefähr 4 KM/h gegenan. Knapp einen Kilometer Fahrt und man erreicht die Steganlage von Verdun mit Strom, Wasser und kostenfreiem WiFi unterhalb eines schönen Platzes platanenumsäumt mit Restaurant und kleiner Geschäftsstraße mit Bäcker und Boucherie. Anlegen quer zur Strömung (die im Sommer wahrscheinlich gering ist, wenns im Jura nicht gerade doll geregnet hat) ist ein wenig knifflig (natürlich nicht für Rheinerprobte), aber der Hafenmeister hilft.
In drei Stunden, von 10:00 bis 13:00 Uhr haben wir heute Chalon sur Saone erreicht, im Hafen hinter der der Stadt gegenüber liegenden Insel St.Laurent liegt man gut und am Wochenende in der Vorsaison auch kostenfrei, da kein Hafenmeister anwesend. Dafür gibt’s auch keinen Zugangscode für die Stegtür und die Strom- und Wasseranschlüsse. Am Steg für „Kurzzeitanleger“ liegt man dann gut ohne Tor und ohne Strom- und Wasseranschluss, aber strom ha#m wir ja selber (2 neue Batterien betreiben über den 2KW-Inverter mühelos Herd, Kühlschrank, Kaffemaschine und was der Mensch sonst so braucht. Wasser haben wir ausreichend an Bord und unser Dieselheizung (oder unser Motor) macht uns auch das Duschwasser warm.
Mit dem Bordmotorrad das Auto nachholen hat 1:40 h gedauert.
Heute war es bedeckt und morgens gab es etwas Regen, nachmittag dann wärmer und trockennntag

Sonntag 12. April
Chalons sur Saone – Gigny
20 KM, 10:30 – 12:15
Geweckt von Sonne und blauem Himmel, lassen sich einige Schleierwolken entdecken bei kühlem Wind, aber die Sonne wärmt kräftig unter dem Cabrioverdeck.
Nach einer kleinen Stadtrundfahrt (Auto ist dabei ist doch praktisch) entdeckt man einen geöffneten Bäcker direkt bei der Kathedrale.
Viele Hotelschiffe sind unterwegs

Um 10:30 werfen wir die Leinen los und erreichen mitten in der Wallachei dum 12:15 die ruhig gelegene ehemalige Schleuse von Gigny. (Das gleichnamige – hübsche – Dörfchen liegt ca 2 KM landeinwärts). Hier kann man gut liegen, in guten Händen des Schweizer Besitzers der Steganlage mit kleinem Bootsverleih und Werkstatt, im ehemaligen Schleusenwärterhaus ein Restaurant, in dem wir gut gegessen haben (Menüs zwischen 25 € und 35 €, montags geschlossen).

Liegeplatz an der ehemaligen Schleuse Gigny, 13.-14.April

Montag, 13.April
Liegetag
Üblicherweise sind montags die Bäcker geschlossen und in einem so kleinen Ort wir Gigny gibt’s schon gleich gar keinen. Aber Monsieur le Schweizer Capitain (in Frankreich ist der Hafenmeister Monsieur le Capitain), der praktischerweise auch Deutsch spricht, hatte uns schon am Vorabend den Tipp gegeben, es beim nahe gelegenen Camping (2 KM) im Schloßpark zu versuchen und dort Brot zu bestellen. Habe ich auch gemacht und es hat bestens geklappt. Ein großer Campingplatz mit schönen Plätzen für Zelte, Bungalows, Wohnwagen, aber auch Wohnmobile, versehen mit Schwimmbad und kleinem Einkaufsladen. Aber dennoch, wie ist der Adel doch auf den Hund gekommen, muß seinen Park zum schnöden Gelderwerb mit reisenden Plebejern teilen.
Als wir denn nun das beim verarmten Adel (oder vielleicht ist der Campingplatz auch eine Goldgrube) erworbene Baguette gemütlich auf dem durch Cabrioverdeck windgeschütztem – die Luft ist doch noch frisch – bei herrlichem Sonnenschein verzehrten, waren wir schnell einig, dass reisende Rentner ja fahren oder bleiben können, wie es ihnen beliebt und daher heute mal einen Ruhetag einlegen. (Ruhe wovon?). 
Morgenstimmung
Ganz faul waren wir denn auch nicht, haben das Teak auf dem Achterdeck geschrubbt, und den bröseligen Lack von den Teakholznamensschildern „Gouden Eeuw“ gekratzt, abgeschliffen, neu lackiert und die eingravierten Buchstaben neu mit Weiß versehen.

Dienstag, 14. April
Gigny -Tournus
12KM, 11:15 - 12:15
Bei wunderbarem Wetter von Gigny nach Tournus in 1h15Min, von 12:30 – 13:30 dauerte die Aktion, mit dm Räbbelchen (rheinisch für kleines Motorrad, Moped) das Auto nachzuholen. Schöne Steganlage im Fluss direkt vor dem Städtchenkern, allerdings wenige Plätze, weil ein Bootsvermieter den halben Steg für sich reserviert hat. 
Abend in Tournus
Dafür kostet es auch nix, Strom und Wasser gibt’s ebenfalls kostenlos. Der kulturbeflissen Besucher hat natürlich auch einen Stadtrundgang gemacht und vor allem -lohnenswert – die romanische Klosternalage aus dem 12 Jahrhundert besichtigt.

Mittwoch, 15.April
Tournus -Macon
29 KM, 10:15 -12:30.
Blauer Himmel, aber kräftiger Wind aus Südwest – die Tage vorher kam er immer aus Nordost. Im Laufe des Tages wird der Wind eher stärker, aber vor allem wärmer.
Von 10:15 bis 12:30 haben wir bis Macon gebraucht und dort im großzügigen Freizeithafen oberhalb der Stadt festgemacht. 

Hafen von Macon
(2 Tage für ein 11 m -Boot – im Hafen ist unser Boot immer einen ½ Meter kürzer – mit Strom 37,80 €). In der Nähe – ca. 1 KM – ist ein großer Supermarkt, die Innenstadt ist ca. 2 KM entfernt. Man kann aber auch direkt vor dem Stadtkern festmachen, gute Steganlage, aber keine Versorgung.
Man könnte also zur Stadtbesichtigung dort festmachen und zur Übernachtung dann in den Hafen fahren.
Die 30 Straßenkilometern zurück nach Tournus auf dem Faltmotorrad haben mich auch dank eines kleinen Umwegs 1:45 h gekostet, sodass die Aktion von 13:00-15:00 Uhr gedauert hat und bei dem Gerät mit seinen kleinen Rädchen schon etwas anstrengend ist.

Donnerstag, 16.April
Liegetag
Wir legen einen Liegetag ein. Das Wetter ist zwar grau, aber warm, ab Mittag lässt sich immer häufiger die Sonne sehen, dennoch türmen sich auch die Wolken und der Hafenmeister murmelt etwas von für morgen angekündigten Averses (Schauern).
Wir nutzen den Tag für einen Stadtrundgang 
...von weißen Pferden, alle aus dem Land, das lange zögert, eh' es untergeht
und eine Besichtigungsfahrt mit dem Auto zu den nahe gelegenen berühmten Weinbergen des Maconnais und weit ins Land schauender Felsen und einem anschließenden ausgiebigen Einkauf in einem typisch französischen Riesensupermarkt mit allerlei Leckereien und praktischen Dingen, die auf eienm Schiff auf Südfrankreichfahrt nicht fehlen dürfen: Knacker (Nussknacker) für Krabbenbeine, lange Minigabeln, um dieselben auszukratzen, eine im Tiefkühlfach zu kühlende Flaschenmanschette, etc.

Freitag, 17.April
Macon – Trevoux
52 KM, 11:00 – 15:30
Zunächst nur grau und kühler Wind, ab Nachmittag zunehmende Schauer, beim Anlegen in Trevoux reget es natürlich in Strömen. Wir sind froh, nach kühler Fahrt an einem schönen Anleger mit Strom und Wasser bei einem Campingplatz uns unserer Heizung und eines gemütlichen Nachmittags zu erfreuen. Der Liegeplatz kostet zwar nicht mehr 5,00 € wie Guide Fluvial verkündet, aber 10,10 € sind auch noch in Ordnung und die freundliche Madame nimmt auch noch Brotbestellungen für den nächsten Morgen entgegen. Die Bäckersuche entfällt also, ebenso wie die Stadtbesichtigung. Die nehmen wir per Fernglas vor, denn das Städtchen liegt auf einem uns zugewandten Hügel und Hospiz und Kirche sind vom Boot aus bestens zu sehen


und die Straße mit den berühmten Druckereien aus dem 17. Jahrhundert können wir uns ebenso gut vorstellen wie das dahinter liegende Parlamentsgebäude des bis in 17. Jahrhundert selbständigen Herzogtums. Hoch das faulenzende Banausentum.

Samstag, 18. April
Trevoux – Lyon
30 KM, 10:25 – 13:15
Zwar immer noch grau, aber auch einige Sonnenlöcher und trocken. Eine schöne Fahrt durch malerische Abschnitte vor allem oberhalb Lyons an Inseln vorbei und teilweise engerem Tal erreichen wir bei Sonnenschein Lyon.
Auf der Saone oberhalb Lyon
Der neue Sportboothafen auf der Halbinsel zwischen Rhone und Saone, einen Kilometer vor ihrem Zusammenfluss, liegt im völlig neu gestaltetem ehemaligen Hafengebiet Port Rimbaud.

Die Stege allerdings sind fast sämtlich belegt von Dauermietern und drei (eigentlich nur zwei) Gastliegeplätze an der Kaymauer sind bei unserer Ankunft bereits besetzt. Wir mogeln uns an einen freien Fingersteg bei den Dauerliegern, Hafenmeister gibt es nicht, die Saison beginnt erst am 1.Mai. Keiner protestiert bei unserm Festmachen, es gibt Strom und Wasser. Problem ist, das der Steg – wie meist – mit einem Türschloß gesichert ist, dessen Zahlencode uns aber unbekannt ist. Am Steg ist auch keiner, der uns die Kombination verraten könnte. Vor unserm Landgang lassen wir also unser Schlauchboot zu Wasser und bugsieren es so zwischen Kaimauer und Steg, das es uns zur Not als Brücke dienen kann, wenn bei unserer Heimkehr das von uns offen gelassene Tor wieder verschlossen ist. So versichert, machen wir uns zu Fuß von Confluence (Zusammenfluß) – so heißt das neu gestaltete Gebiet mit großem Einkaufszentrum
Architektur am Place Nautique - Confluence
 – via Bahnhof Perrache, Place de Verdun zur Innenstadt auf, wo wir am Place Bellecourt, der größte Frankreichs (oder Europas?) die letzte Tour eines oben offenen Doppeldeckerbusses durch die Stadt für deswegen (der letzten Tour ohne „hopp on, hopp off“) reduzierten Preis von 13,00 € erwischen. Man ist da zwar eindeutig als Tourist gebrandmarkt, sieht aber bequem und gut informiert die wesentlichen Sehenswürdigkeiten der Stadt.



Sonntag, 19.April
Liegetag Lyon 
Großer Fußgängertag, die ganze Runde, die der grüne Michelinführer aus Beständen meines Vaters von 1972 (natürlich in französisch) für zwei Tage vorschlägt, sind wir abgegangen. Auf dem Schiff wieder angelangt, qualmten die Socken. Das Wetter hatte sich von einem sonnigen Vormittag in leichtes Nieseln am Nachmittag verwandelt,wir sind aber noch einigermaßen trocken an Bord gelangt. Am Abend dann ergiebiger Regen. Da gehen wir aber nur über die Brücke zum supereinkaufszentrum, mit Kinos und zahlreichen Lokalitäten und essen da einigermaßen gut und preiswert im Fischrestaurant "La Criée" auf der Dachterrasse. Als wir nach Hause - also zum Boot - gehen, ist es wieder trocken.

Montag, 20.April
Liegetag Lyon
Der Himmel ist blau, es weht ein leichter Wind, was will man mehr. Wir gehen zum nahe gelegenen Lidl um die Biervorräte und anderes aufzufrischen, deponieren die Einkäufe an Bord und begeben uns nach einem kleinen Päuschen ans obere Ende des Hafenbeckens, wo ein modernes, im Retrolook sehr schön gestaltetes Vaporetto (nach dem venezianischen Vorbild der Wasserstraßenbahnen)
Vaporetto vor nächtlichem Zentrum "Confluence"

 stündlich die Verbindung von "Confluence" nach St.Paul am rechten Ufer der Saone für ganze 2 Euro bereithält. Wenn wir das gestern schon gewusst hätten, hätten unser Socken nicht so gequalmt. Dort, am rechten Ufer bei St.Paul, ein wenig durch die alten Renaissanceviertel zur Funiculaire gestromert, dort nach Einweisung durch einen freundlichen Bediensteten der Metro/Funiculaire-Gesellschaft ein Ticket am Auromaten erstanden (für zwei Personen 3,60, nur mit Karte bezahlbar) und aufwärts zur die ganze Stadt mit ihrer Silhouette beherrschenden Basilika gefahren und von dort mit dem Bus zum römischen Theater, dann durch eien am Hang gelegenen Park wieder zur Altstadt asbgestiegen, eis gegesssen, mit dem Vaporetto zurück und den Nachmittag bei Sonnenschein auf dem Achterdeck genossen.


Dienstag, 21.April
Lyon – Les Roches de Condrieu
42 KM, 09:15 – 13:50
Heute mal früh los, für unsere Verhältnisse jedenfalls, 9:25 Uhr fahren wir in die Rhone ein, bald kommt die erste Schleuse mit 9 Metern Höhenunterschied, die man aber kommod und völlig problemlos an Schwimmpollern zu Tal sinkt, weiter in flotter Fahrt bei ca 4 KM/h Strömung durch das immer schöner und südlicher werdende Rhonetal. Die Dächer der Häuser sind flacher geneigt und mit hellroten Ziegeln gedeckt, bei den kleinen Dörfern auf den Höhen stehen dunkelgrüne Zypressen.
Teils wird unsere Fahrt auch von der verkehrsreichen A 6 begleitet, aber Wasser-, Wind- und eigene Motorgeräusche lassen den wahrscheinlich infernalischen Lärm dieser Autobahn nicht an unsere Ohren gelangen. Vorbei geht es an Vienne, bald die zweite Schleuse und dann in einer scharfen Flusskurve der gut angelegte und mit allem versehene Sportboothafen von Les Roches de Condrieu. Die 20,87 € Liegegeld stören uns nicht, wir haben ja bei 0,00 € Liegeld für drei Tage in Lyon kräftig gespart. Wir nutzen Waschmaschine und Trockner für je 3,00 € und haben so nach drei Wochen wieder frische Wäsche im Schrank. Ich fahre unterdessen vom 10 Minuten Fußweg entfernten Bahnhof in St.Clair du Rhone für 15,60 € mit 25% Seniorenrabatt von 15:50 -17:25 nach Macon, absolviere eien 40 Minuten Fußmarsch zum Port de Plaisance (Taxis scheint's in Macon nicht zu geben) und fahre dann mit dem Auto 128 KM zu unserem Hafen in Les roches de Condrieu. Ankunft 20:00 Uhr. Mehr als 30 KM mit meinem Mokick sind doch etwas anstrengend und auf Flüssen mit wenig Schleusen machen wir doch etwas größere Strecken. Deswegen haben wir uns zumindest für die Rhone Strecke entschieden, das Auto in größeren Abständen jeweils per Zug nachzuholen, also nicht das Auto, sondern der Fahrer wird per Zug transportiert.


Mittwoch, 22.April
Liegetag in Roches de Condrieu
Wetter bestens, einige Schleierwolken, nachmittags kräftige Windböen, aber weiter warm.
Besichtigungsfahrt nach Vienne mit dem Auto. Römischer Tempel Augustus und seiner Frau geweiht, steht da heute nach über 2.000 Jahren noch einfach so 'rum.

 Oberhalb das römische Theater mit ursprünglich 11.000 Plätzen und hoch darüber eine Aussichtsterrasse, auch schon von den alten Römern genutzt, ein ganzer Komplex in einer Linie vom hohen Berg über Theater, Forum, Tempel zum Fluß Rhone hin, um damit den Galliern zu imponieren. Zaubertrank hin oder her...

Anschließend noch ein kleiner Rund- und Einkaufsgang im riesigen „Leclerq“. Also, da bieten die Gallier schon einiges...Dann fauler Nachmittag mit kleineren Schiffsarbeiten (Silikonversiegelungsarbeiten in der Küche um Herd und Abschlussleisten, standen schon seit 2013 auf der Liste „müsst'isch mal machen“)
Der  Autor bei der Arbeit
Donnerstag, 23. April
Roches de Condrieu – Tain-l'Hermitage (Tournon)
Trotz eher schlechtem Wetterbericht (bewölkt mit eingen Schauern) verwandeln die großflächigen Schleierwolken sich mehr und mehr in blauem Himmel, sodass wir nach 4:50 h und 50 KM mit zwei Schleusen (Sablons und Gervans, Höhenunterschiede -“Verfall“ 12,20m und 11,50m) bei strahlendem Sonnenschein und sommerlicher Wärme in Tournon ankommen, wo der im Guide Fluvial angekündigte Sportboothafen als verschlickt und mit für uns viel zu geringer Wassertiefe erweist. Das am gegenüberliegenden – linken – Ufer befindliche Städtchen Tain l'Hermitage hat jedoch einen Anlieger für Passagierboote mit angeschlossenem Sportbootsteiger zu bieten, Vorrang haben die Passagierboote. Wir machen fest und im gleich an der Uferpromende liegende“Bureau Touristique“ erfahre ich, dass für heute keine großen Passagierboote erwartet werden und wir beruhigt liegen bleiben können. Liegegeld 0,00 €, aber auch kein Wasser und kein Stromanschluss.

Das Wetter bleibt auch am Spätnachmittag und abends sommerlich, sodass wir auf dem schön gestalteten Place du Taurobole (bedeutetet irgendwas mit Stieren, die hier in römischer oder noch davor liegende Zeit geopfert wurden) im Stadtzentrum in einem von mehreren Café-Restaurants draussen sitzend ein „Menue Terroire“ (hat nichts mit Terroristen, sondern mit regionalen Spezialitäten zu tun) für günstige 20,00 € geniessen. Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise incl. ein Glas regionalen Weins, der hier sehr gut und berühmt ist. (Hermitage Rouge aus der Syrah-Traube, Hermitage Blanc aus Roussane und Marsanne – „un vin doré et sec“). In der Stadt gibt es mehrere Weinhandlungen der örtlichen Weingüter mit Probierstuben, ein Touristenzug mit einer als Lokomotive verkleideten Zugmaschine fährt mehrmals am Tag in die direkt hinter der Stadt liegenden Weingüter. Nach dem Essen sind wir dann aber doch froh, uns Jacken mitgebracht zu haben.
Überhaupt das Wetter und die Jahreszeit:
Der Plan und die Hoffnung, mit unserem frühen Reisestart dem Frühling entgegen zu fahren, ist offenbar aufgegangen. Bei der Ankunft in Seurre waren die Bäume noch bis auf einige vorwitzige grüne Spitzen kahl, am 10. April haben wir die ersten Schwalben gesichtet, auch einen Storch, und dann ist schlagartig alles grün, selbst die vorsichtigen Platanen sind seit dem 14. April grün. Es blüht alles auf einmal, von den Forsythien bis zum weißen Flieder, von den Kastanien bis zu herrlichen dick gefüllten rosa Kirschblüten.

Von Tulpen, Rosen, Glyzinien ganz zu schweigen.
Die zweite Decke braucht es nachts auch nicht mehr, von 0°Grad des Nachts auf 12° ist doch ein Fortschritt, tagsüber, im Hafen, sind wir schon froh über unser Schatten spendendes Bimini.

Freitag, 24. April
Tain-l'Hermitage - Cruas
Blauer Himmel, leichter Wind.
Heute werfen wir für unsere Verhältnisse schon irre früh – 9:10 Uhr – die Leinen los, denn wir wollen noch vor 12:00 Uhr im Sportboothafen flußabwärts von Valence sein, um dort zu tanken. War zwar nicht nötig, denn die Tankstelle ist in Selbstbedienung ganztags geöffnet, System wie an den Tankstellen der französischen Supermarktketten mit Automaten und Kartenzahlung. Für Nicht-Französisch-Versteher: die Anleitung auf den Displays der Automaten ist bei Verwendung einer ausländischen Bank/Kreditkarte in Englisch.

Preise für Diesel übrigens wie bei allen bisher an Saone und Rhone gesichteten Bootstankstellen wie die der Straßentankstellen, hier in Valence waren es 1,38 €/ltr. Das Tanken selbst war ziemlich schwierig/anstrengend. Wie bei der Tankstelle in Macon auch hatte die Zapfpistole für Diesel (französisch „Gazoil“) einen großen Durchmesser, zu groß für unseren Normaldieseleinlass. Also mit Trichter getankt, aber da geht’s nicht so schnell, man muß die ganze Zeit die Pistole nur ¼ bis ½ durchdrücken, was für einen Zeitraum von mehr als 30 Minuten für 110 Liter sehr anstrengend ist und man immer aufpassen muss, das nix überschwappt, der Diesel schäumt stark auf, warum auch immer.
Weiter geht’s in abwechslungsreicher Fahrt mit mal mehr oder weniger nahen Bergrücken mit malerischen südlichen Dörfern auf Kuppen und Hängen über die zum Teil seeenbreite Rhone,

ab und an sichtet man auch in der Ferne schneebedeckte Alpenausläufer. Nach 54 KM und drei Schleusen, die uns 34 Meter „tiefer gelegt“ haben, machen wir um 15:05 Uhr die Leinen fest im kleinen, ruhig gelegenen Sportboothafen von Cruas, 2 KM unterhalb der Schleuse von Logis Neuf.
Liegeld 12 € für Boote bis 12 m Länge, incl. Wasser, Strom und WiFi, das allerdings nicht bis zum Schiff reicht, man muss sich auf die Terrasse der Capitainerie begeben. Den Ort haben wir nur von weitem gesehen, er ist 1 ½ KM entfernt. Dafür von nahem das kurz unterhalb gelegene Atomkraftwerk, im Hafen selbst liegt man unter einer Starkstromleitung.


Wir haben wunderbar geschlafen, sind auch nur mäßig vertrahlt, aber für Feng-Shui-Gläubige ist das wohl nicht der rechte Ort, generell wohl das auf-dem Schiff-Schlafen nicht, liegt man doch zwangsläufig immer über einer Wasserader.

Samstag, 25. April
Cruas – Viviers
Gestern hatte gegen Abend schon der Wind fast um 180° auf Süd gedreht und aufgefrischt, gleichwohl warm und Schleierwolken zogen auf, heute morgen nun immer noch der relativ kräftige Wind, grauer Himmel, teils dunkler Himmel mit ab und an einigen Regentropfen, aber angenehme 16°. Auf den Bäckergang habe ich heute verzichtet, wir hatten noch zwei Baguette von gestern und vorgestern, wenn man die in ein Handtuck gewickelt aufbewahrt, kann man sie gut toasten (machen wir in der Pfanne, geht wunderbar)und muss nicht 1,5 KM latschen. Dafür das Räbbelchen vom Schiff zu wuchten oder mein Fahrrad aus dem Paket von zwei Fahrrädern und einem Mokick zu entflechten, habe ich keine Lust.
Um kurz vor 10:00 Uhr sind wir los und haben schon nach knapp zwei Stunden und einer Schleuse (16,5 m Verfall!) die Leinen in Viviers fest gemacht. Hier gibt es im Altarm der Rhone einen Sportboothafen, aber es waren nicht die Bürgersteige, sondern die Stege hochgeklappt im wahrsten Sinne des Wortes.
Ein Steg war zwar ausgebracht, aber durch ein Tor zum Land hin verschlossen, außerdem waren dort nur 90 cm Wasser unterm Kiel. Am Ende der Hafenbucht gab es neben einer Rampe, wo die Boote des hier gelegenen Segel- und Motorbootclubs zu Wasser gelassen werden, noch einen Steg, der eigentlich zum Besteigen der gerade gewässerten Boote gedacht ist, aber ...bei dem unsicheren Wetter – mal sah es nach Gewitter aus, dann regnete es etwas, dann schien kurz auch mal die Sonne – da kommt doch keiner mit seinem Bötchen (schreibt man das nur mit einem ö?) und braucht diesen Steg. Dort war merkwürdigerweise auch eine Tiefe von 3 Metern unterm Kiel, dort haben wir also fest gemacht, was von später erschienen Vereinsoberen auch gebilligt wurde. Nur Strom sollten wir keinen nehmen. Na ja, wir können auch ohne.
Das Städtchen Viviers ist am Anfang einer früher für die Schifffahrt gefährlichen Engstelle durch zusammenrückende Kalkfelsen auf einem eben solchen gelegen.

 


Viviers ist schon seit der Römerzeit besiedelt und war im Mittelalter bis in 18.Jahrhundert Bischhofssitz mit einer Oberstadt, früher dem Klerus vorbehalten und einer Unterstadt fürs weniger fromme Volk. Zum Teil schön restaurierte Häuser von Gotik bis Renaissance ergeben einen malerischen, aber steilen Spaziergang durch enge Gässchen bis zur Kathedrale, von wo ein herrlicher Ausblick auf Rhone und die Berge des Ardèchegebietes belohnt.



Sonntag, 26. April
Viviers – l'Ardoise
Morgens grau, relativ warm. Ein schneller Gang zum nahe gelegenen Bäcker, heute wieder Frühstück mit frischem, sehr guten Baguette Tradition.
Wir werfen die Leinen um 09:25 Uhr los und fahren durch einen besonders schönen Teil des Rhonetals, einen früher wegen Strömung, Felsen und Untiefen gefährlichen Durchbruch an den nah an den Fluß rückenden Kalksteinfelsen vorbei, 

der aber durch die Kanalisierung und Begradigung der Rhone heute entschärft ist bzw. teilweise umgangen wird. Nach geschwinder und heute besonders einsamer Fahrt (der Schiffsverkehr auf der Rhone hält sich bisher in Grenzen, nach unseren Beobachtungen 2 – 3 kleinen Küstenmotorschiffe, 1- 2 Schuber und je nach Gegend auch mal drei Hotelschiffe, das war dann aber schon viel, kein Vergleich mit dem Rhein, auch Mosel und Maas haben mehr Verkehr zu bieten) gelangen wir zur Schleuse Bolène beim gleichnamigen Ort. Sie überwindet 22,5 Meter und ist damit die höchste auf unserer Fahrt und eine der höchsten Schleusen überhaupt, wenn man Schiffshebewerke und andere technische Kunstwerke außer Acht lässt. 



Als wir ankommen, ist die Schleuse „unten“, d.h. es muss erst Wasser auf das Niveau des Oberwassers eingelassen werden, woher wir als Talfahrer, „avalant kommen (im Gegensatz zu den Bergfahrern, „montant“, die vom „Unterwasser“ kommen). Monsieur l'Eclusièr verspricht das in 20 Minuten bewerkstelligt zu haben und tatsächlich, diese riesige Wassermenge (190 Meter lang, 12 Meter breit und 22,5 Meter hoch, also 26.220 Kubikmeter) ist in der versprochenen Zeit eingelaufen, das Tor öffnet sich, bzw. versinkt und wir können einfahren, machen an einem der Schwimmpoller fest und warten, das sich das Tor schließt und der Prozess in Gang kommt, und warten, und warten, nach 10 Minuten spreche ich die Schleuse über Funk an... nichts... ist der Schleusenwärter tot zusammengebrochen? … nach weiteren 5 Minuten rufe ich den Meister über Telefon an, er geht 'ran, ich frage, ob wir noch auf ein anderes Boot warten, statt einer Antwort ein „ej“ und aufgelegt. Dafür ertönt das Signal und Tor und anschließend setzen sich die Schwimmpoller in Bewegung. Der Gute hatte uns vergessen! Als wir dann knapp 20 Minuten später in der Tiefe der Schleusenkammer angekommen sind, hoffe ich nur, dass er uns nicht wieder vergessen hat und wir in dieser doch unheimlich anmutenden Umgebung nicht weiter ausharren müssen. Nein, es geht alles gut, wir fahren aus, dafür ist inzwischen die Sonne herausgekommen und weiter geht es teils über riesige Wasserflächen in mehr oder weniger dichter Begleitung von Hügelketten, um unser heutiges Ziel, St. Etienne-des -Sorts bei KM 204 zu erreichen. 

Leider ist der Anlegesteig der Gemeinde (vom Wasser aus ein idyllisches Dörfchen) wie im Guide fluvial schon angedroht, noch nicht ausgebracht - die Saison geht eben nur von Juni – August - und an der Kaimauer sehen wir im Gegensatz zu unserem Führer keine Festmachmöglichkeit.
Also weiter zur nächsten Möglichkeit, den Hafen bei l'Ardoise, Höhe KM 214. Vor den hat aber der liebe Gott, nein, die CNR, Compagnie National de Rhone, noch eine Schleuse gesetzt, bei der wir uns zwei KM vorher anmelden: „Écluse de Caderousse pour Bateaux de Plaisance „Gouden Eeuw“ avalant s'ils vous plaît“ und die frohe Botschaft erhalten, dass die Schleuse in 20 Minuten für uns bereit sei. Wir fahren hoffnungsvoll drauf zu als sich der Schleusenwärter noch einmal meldet, und sagt, das von unten ein Berufsschiff (Bateaux de Commerce) komme und es leider jetzt noch eine Stunde für uns dauern würde. Die Schleuse war sowieso unten und Berufsschiffe haben Vorrang. Die ganze Zeit kein Schiff, aber jetzt.... was solls, der Mensch denkt und die Schleuse lenkt.
Bis das lange Schubschiff mit zwei Leichtern voraus, also fast so lang und breit wie die Schleuse groß ist, eingefahren ist, hochgeschleust und wieder ausgefahren ist, das dauert eben seine Zeit. Als er dann endlich draußen ist (der Schuber), gibt es statt des erwarteten grünen Lichts das rote und auf Nachfrage erklärt der Schleusenwärter irgendwas mit 10 Minuten, die jetzt auf die Fische in der Schleuse verwandt werden müssen. Was genau da nun passiert ist, ob tote Fische abgefischt, lebende abgeleitet werden oder sonst irgendwelche geheimnisvollen Dinge, wir wissen es nicht. Nur hat sich das Wetter inzwischen vom warmen Sonnenschein in grauen Nieselregen verwandelt. Im Regen fahren wir aus der Schleuse aus, wenden uns in den unterhalb einmündenden Altarm der Rhone und fahren diesen 5 KM flussauf, wo sich hinter einem Kies- und sonstwas Hafen ein Sportboothafen befindet, der auch einen freien Anleger neben vielen Dauerliegern bereit hält, privat betrieben wird und eine Capitainerie in einer auf Pontons schwimmenden Blockhütte mit gemütlicher, überdachter Terrasse bereithält, in der Mme. la Capitaine ein kleines Restaurant betreibt mit schmackhafter Küche, in dem wir wunderbar für 51 € zu Abend essen als einzige Gäste. Und nicht nur diese Tatsache tröstet uns über das Regenwetter hinweg, sondern wir konnten uns mit der Wirtin und Hafenmeisterin blendend unterhalten, denn sie stellte sich nach einer Weile als Deutsche heraus, die uns wohl aus Trainingsgründen erst eine Weile hat Französisch radebrechen lassen.

Montag, 27. April
Liegetag l‘Ardoise im Regen
Es hat die ganze Nacht durch geregnet und der Regen wird zunehmend heftiger, des morgens erwachen wir bei gemütlichem Prasseln auf das Schiffsdeck. Da drehen wir uns einfach noch mal rum, stehen spät auf, schenken uns dank toastbaren Baguettes den Gang/die Fahrt zum Bäcker (mindestens 2 KM entfernt) und machen einen faulen Tag. Haben allerdings noch Kleinigkeiten erledigt wie z.B. die Fettpresse für das Wellenschmieren neu aufzufüllen – eine schmierige Angelegenheit. Es hört nicht auf zu regnen, wird nur etwas schwächer. Am Nachmittag fummele ich dann doch noch das Fahrrad heraus und besorge frisches Pain fürs Abendbrot mit Käse, Rotwein und Schinken. Wir haben auch bei Regen schon schlechter gelebt. Die Nacht ist etwas unruhig, weil der Wind sich gedreht hat und zunehmend auffrischt, es gluckert und plätschert und klappert, aber eigentlich doch auch ganz gemütlich im warmen leicht schaukelnden Boot.

Dienstag, 28. April
L’Ardoise – Avignon
Die Sonne scheint! Heute wollen wir bis Avignon. Bei kräftigem Wind legen wir ab und fahren durch das sich wieder einmal – und nun endgültig – weit öffnende Rhonetal, wo uns nun ein spezifisches Rhone-Wettermerkmal voll erwischt: der Mistral, ein kalter, kräftiger Wind, der ungebremst durch das Tal braust, heute Windgeschwindigkeiten bis zu 70 KM/h entwickelt und unseren 13-Tonnen-Stahlkreuzer wie ein Segelschiff vor sich her treibt. 

Nach knapp 1½ Stunden erreichen wir die Schleuse Avignon, haben insofern Glück, dass ein Berufsschiff gerade vor uns eingefahren ist und wir ohne Wartezeit einfahren können. Es ist nicht ganz einfach, bei Sturm genau von achtern und einigem Wellengang den Poller zu erwischen und das Boot zu halten, bis das Schleusentor sich windschützend hinter uns schließt, aber wir beide sind inzwischen eine eingespielte Mannschaft und haben das Manöver gut gemeistert.

Avignon kommt in Sicht. Die kanalisierte Rhone ist durch eine Insel von der alten Rhone, an der sich auch die berühmte Brücke (sur le pont d’Avignon, on y danse...) befindet, getrennt. Der Weg führt also flussabwärts erst einmal an Avignon vorbei, dann ist das Ende der Insel erreicht, man wendet sich stromauf in den Altarm, ungefähr 3 KM, passiert noch die Brücke St.Bénézet, bzw. die erhalten gebliebenen Bögen, die man nicht durchfahren darf, und erreicht den Quai de Ligne, an dem Sportschiffe festmachen können. Direkt unterhalb der Stadtmauer, leider auch unterhalb der die Stadtmauer umgebenden stark befahrenen Ringstrasse mit entsprechender Geräuschentwicklung. 

Nicht direkt der Platz für lauschige Abende auf dem Achterdeck. Aber dafür ist alles da: Strom, Wasser sowie Waschmaschine, Trockner und WiFi in der Capitainerie, Parkplätze am Schiff und: man ist zu Fuß sofort in der Altstadt, 
Den Papstpalast hat jeder im Fotoalbum, aber den Bahnhof von Avignon?
in 10 Minuten am Papstpalast und anderen wesentlichen Sehenswürdigkeiten, und – für uns wichtig – in 20 Minuten am Bahnhof. Der Mistral blies übrigens weiter kräftig und die Strömung – auch im Altarm – der Rhone war u.a. wegen der vorhergegangenen ergiebigen Regenfälle kräftig: 4 – 6 KM/h, das sind schon Rheinverhältnisse. Ich habe einige Sorgfalt auf das Festmachen verwendet und darauf geachtet, dass ich eine Stelle erwischt habe, an der die Abstände zwischen Ringen oder Pollern (beides abwechselnd in unterschiedlichen Entfernungen vorhanden). War insofern kein Problem, weil außer ein paar Dauerliegern am unteren und oberen Ende alles frei war, während der drei Tage bzw. Nächte unseres Aufenthaltes waren wir das einzige „Plaisierfahrzeug“ (bateaux de plaisance, wie die Franzosen Nachmittags ein Stadtspaziergang u.a. zum Bahnhof, wo wir zwei Fahrkarten für den morgigen Tag in der „blauen Periode“, also in vergünstigter Zeit erwerben und dann auch noch in den Genuß des Seniorentarifs(-25%) kommen. 2x 24,90 € für die einfache Fahrt Avignon – St.Clair de Roches, kurz vor Vienne, immerhin gut 150 KM, da kann man nicht meckern.

Mittwoch, 29. April
Liegetag Avignon, Zugfahrt Avignon St. Clair, Autofahrt St.Clair – Avignon
Der Mistral hat aufgehört, gottseidank, den gestern hat er auch in der Stadt uns gequält, jedenfalls mich. Welche Pollen und Staubkörner auch immer hat er aufgewirbelt und mir, der ich eigentlich nicht allergisch bin, ständiges Niesen und brennende Augen verschafft. Heute also „bestes Mützenwetter“ wie meine Mutter gesagt hätte (was immer das eigentlich heißen mag), Sonne, etwas Streifenwolken, leichte Brise, 21°, was will der Norddeutsche mehr…
Nach gemütlichem Frühstück zu später Stunde brechen wir zu einem weiteren Rundgang durch Avignon auf, um nach einem Cafe-Besuch den Bahnhof anzusteuern, dort geht um 14: 21 unser Zug, der uns nach umsteigen in Vienne um 16:47 nach St.Clair de Roche bringt (diesen Ort gibt es nur in der Eisenbahnwelt, tatsächlich heißt er St.Clair sur Rhone und ist der Bahnhof auch für Roches sur Condrieu), wo unser Auto brav auf uns wartet. Nach einem Besuch beim örtlichen Leclerq und dortigem Tanken geht’s per Auto wieder nach Avignon, das wir um 19:40 Uhr erreichen.
Abends essen wir in einem kleinen Lokal auf dem Place de Carmes, ein Menue Terroir (hat nix mit Terror zu tun, sondern mit regionaler Küche) für erstaunliche 17,00 € mit Vorspeise, Hauptgang und ½ Liter Wein, noch zwei Kaffee und wir verlassen das Etablissement hochzufrieden mit einer Rechnung von 59,50 €.

Donnerstag, 30.April
Avignon – St.Gilles (am Canal Rhone á Sète)
Bei bestem Wetter legen wir um 10 vor 10 Uhr ab, machen unsere letzte Schleuse auf der Rhone, Vallabregues, in 20 Minuten von 11:35 – 11:55 Uhr und erreichen Arles um 13:00.  Arles liegt etwas unterhalb des Abzweiges der bzw. des Petit Rhone, in die/den wir eigentlich fahren wollen, aber wir dachten, wir machen in Arles fest, schauen uns die Stadt an und dann am nächsten Tag weiter. Außerdem soll es in Arles laut Flussführer auch eine Tankstelle geben. Die Tankstelle gibt es, aber keinerlei Anlegemöglichkeiten für die Nacht oder auch nur einen kurzen Stadtbesuch. Die in der Karte verzeichneten Anlegesteiger am rechten Ufer sind belegt durch Fischerboote und die Feuerwehr, am linken, dem stadtseitigen Ufer sind Bauarbeiten im Gang, vielleicht besinnt sich Arles mit diesen auch auf Bootstouristen.
Die Tankstelle wie gesagt, gibt es, aber hat nur Anleger für Berufsschiffe. D.h. es stehen große Pfosten in einem Abstand der doppelten Länge unseres Bootes, wir können also nur an einem festmachen. Das ist in der kräftigen Strömung nicht ganz einfach, aber wir bekommen es hin, nachdem wir uns vorher telefonisch vergewissert haben, dass es auch Diesel für Sportboote gibt. Berufsschiffe werden nämlich mit „rotem“ (steuerbegünstigten) Diesel aus dicken Rohren betankt, Sportboote mit weißem aus normalen Tankpistolen. Ja, ja sagt der Patron am Telefon, ab 13:30 ist wieder geöffnet und – bien sûr- könnten wir solange anlegen.  Kaum haben wir alle Leinen und Fender ausgebracht, nähert sich ein Hotelschiff, will auch tanken und muss natürlich an die großen Dalben, an deren einem wir liegen. Über Funk verständigen wir uns ganz freundlich, wir legen  ab, das Hotelschiff legt an, und wir können dann an dem Hotelschiff festmachen. So machen wir es auch, die Mannschaft Hotelschiff ist hilfreich, der Kapitän freundlich. Mittlerweile ist es auch 13:30 = Ende der Mittagspause. Ich klettere an Land, die gerade eingetroffene Mitarbeiterin schaut etwas merkwürdig, als ich ihr sage, dass wir ungefähr 120 Liter Diesel brauchen; ich folge ihrem Blick und bemerke, dass sie unser Boot hinter dem Hotelschiff gar nicht sehen kann und für 120 Liter kommt doch kein 80- Meter- Schiff zum Tanken. Das Hotelschiff nimmt, wie sich bald darauf herausstellt, nämlich 6.000 Liter. Wir klären schließlich, dass es sich um ein „Bateaux de Plaisance“ handelt, das hinter dem Hotelschiff liegt. Ach so, ja dafür ist der „Patron“ zuständig, mit der Tanksäule für die kleinen Schiffe kennt sie sich nicht aus. Der Patron kommt aber erst um 14:00 Uhr. Na ja, warten wir eben noch ein bißchen, der Maschinist des Hotelschiffes hat inzwischen für uns die Türen des Maschinenraums geöffnet, damit wir dadurch den Schlauch für unseren Diesel legen können. Monsieur le Patron erscheint: Nein, dahin, wo wir liegen langt sein Schlauch nicht, wir sollen an der Kaimauer anlegen. 

Abgesehen davon, dass das jetzt unser drittes Anlegemanöver wird, muss man wissen, dass diese Kaimauer (schätzungsweise 10 Meter hoch) unten, nur knapp 10 cm über der Wasserlinie eine Spundwand vorgelagert hat. Für die Nichtschiffer: Spundwände sind bei Sportschiffern sehr unbeliebt, sie werden aus senkrecht in die Erde gerammten, flach u-förmig gebogenen, ca. 50 cm breiten Stahlprofilen gebildet, wobei immer ein konkaves – also nach außen gewölbtes, mit einem konvexen, also nach innen gewölbtem „U“ abwechselt mit der Folge, dass die Fender eines Sportschiffes immer in den Wölbungen verschwinden und ihre Aufgabe, das Schiff vor harten, lackschädigenden Kontakten mit der Kaimauer zu schützen, nur höchst unvollkommen  nachkommen können. Wenn diese Spundwand aber nur 10 cm über die Wasserfläche ragt, kommt erschwerend hinzu, dass die Fender (Luft gefüllte Plastikwürste) auf dem Wasser aufschwimmen und sich schon gar nicht schützend zwischen Bordwand und Kai bewähren können. Die Krönung aber war, dass diese Supertankstelle keine Festmacher, Haken, Poller, Ringe  vorgesehen hatte, sondern eine an der Kaimauer herunterhängende Kette und ein altes dickes Schiffstau für ausreichende Verankerungsmöglichkeit hielt. Immerhin, le Patron kletterte persönlich die steile Steintreppe der Kaimauer herunter, um bei diesem, sagen wir mal, ambitionierten Anlege- und Festmachmanöver zu helfen und – wie sät dä Rheinländer – et hätt noch immer joot jejange. 

Wir liegen nun an der Wand, von oben wird die Tankpistole heruntergehangelt und – wie heißt noch diese Prinzip? – was passieren kann, passiert; in dem Moment, wo das Boot mühsam und fragil an Kette und Schiffstau vertäut, vom Schiffseigner von der Spundwand abgehalten und von der Kapitänin (Elke) höchstselbst betankt wird, kommt stromauf ein Kümo (Küstenmotorschiff), die ob ihrer Größe einige Wellen machen, was natürlich eine weitere Gefahr für die Bordwände unseres „Gouden Eeuw“ darstellt. Hier kommt nun 
wieder unser freundlicher Kapitän des Hotelschiffes ins Spiel, das während unserer ganzen Manövers wohl schon 2.000 Liter getankt hatte, er funkt den (das?) Kümo an, etwas Fahrt wegzunehmen und der tut das auch, und es lässt sich wieder vermelden: et hätt noch immer joot jejange! 120 Liter und 170 € und 1 Stunde und viele Nerven später legen wir mit vollem Tank ab. Fahren stromauf am anlegeunmöglichen Arles vorbei, um dann nach 5 KM in die „Kleine Rhone“ abzuzweigen. Von der geht nach 28 KM eine Schleuse ab, die zum „Canal Rhone á Sète“ führt, auf dem wenden wir uns dann kurz nach links (Osten, zu Berg) und machen an diesem für uns eher faule Schiffer langen Tag in St. Gilles fest. Mit Glück an einem zufällig für einige Tage freien Platz längs am Kai, während sonst  im hauptsächlich mit dauerliegenden Schrottschiffen fast vollbesetzten Hafen mit dem Heck an der Kaimauer rechtwinklig zum Kanal festgemacht werden muss, was wegen unseres hinten am Schiff hängenden Schlauchbootes sehr umständlich wäre.

Und mit der Ankunft im Canal de Rhone á Sête beginnt ein neuer Abschnitt in unserer Reise, jetzt geht’s langsam und mit (wahrscheinlich) vielen Liegetagen nach Westen und dann Richtung Nordwest, Richtung Bordeaux, also bitte den nächsten Post aufsuchen, Teil 2.