Berichte von Till Friedrich mit etwas Rücksicht auf nicht mit der Sportschifffahrt Vertraute. Kenntnisreichere Leser mögen über einige Erläuterungen auf Klippschul-Niveau für Nicht-Schiffer hinwegsehen.

Dienstag, 10. Juni 2014

Weiter die Seine und dann die Yonne aufwärts

Mi, 4. Juni
Paris – Draveil (Porte des Cerises)
Regen, schwere Starkregenschauer,spätnachmittag trocken
Wir zeigen Paris nach vier Tagen die Kehrseite, die Stadt seineaufwärts aber auch.

Und das bei zunächst nur sehr bewölktem Himmel, aus dem dann aber immer öfter und immer häufiger Schauer fielen bis zu solch heftigen Starkregenschauern, das wir buchstäblich nichts mehr sehen konnten. Der Zufall wollte, das wir da gerade die Einfahrt zu einem Sportboothafen ausmachen konnten und so haben wir nach 24 KM und drei Stunden Fahrzeit beigedreht und in Draveil im Sportboothafen "des Cerises", einem "Centre des Loisirs" (Freizeitzentrum) für stolze 24,80 € incl. Strom und Wasser festgemacht. Bald darauf kam die Sonne herfür, allerdings, um nach kurzer Zeit erneuten Schauern Raum zu geben.


Nach dem Regen ist vor dem Regen.



Do, 5. Juni
Draveil – Melun
blau mit Schleierwolken und Kumulus

Fr, 6. Juni
Melun – Montereau (Mündung Yonne)
blau, warm, etwas Wind, später gut warm

Brücke über die Yonne und Kathedrale von Montereau


Sa, 7. Juni
Montereau – Pont sur Yonne
sonnig, manchmal grau, heiß, nachts Gewitter
Nach dem vormittäglichen Besuch des Marktes mit Einkauf sagenhaft guter Erdbeeren und etwas Pastete und Roastbeef beim Traiteur machen wir mittags unsere Leinen los und schippern der ersten Schleuse auf der Yonne entgegen, die leider -wie die folgenden auch- über schräge Wände verfügt. Schiffer wissen, dass das schwierig werden kann, für Nichtschiffer: an schrägen Wänden kann man nicht so einfach festmachen, weil zuerst das Unterwasserschiff Kontakt mit den Wänden bekommt, was man nicht abfendern kann mit den dicken mit Luft gefüllten Würsten aus stabilem PVC (Fender), die sonst den Kontakt von Bordwand mit Steinwand abfedern (abfendern) und vor Kratzern und Stößen bewahren. Abgesehen davon ist durch die schrägen Wände auch die Entfernung zu den Pollern, an denen man sonst mit Seilen das Schiff fest vertäuen und vor ungewollten Bewegungen bewahren kann, so weit, dass selbst geübte Lassowerfer Schwierigkeiten hätten, diese – die Poller – zu erreichen.

Auch wenn der Schleusenwärter hilft und die Seile annimmt, weiß ich keine Methode, wie man das Schiff beim turbulenten bergwärts Schleusen ruhig halten könnte – das Wasser strömt mit Macht in die Schleusenkammer, bein abwärts Schleusen ist es etwas ruhiger, weil das abfließende Wasser nicht so große Strömungen verursacht und man zunächst auch die Poller erreichen kann, dann aber beim absinken das Boot mit Bootshaken vom Kontakt mit den Schleusenwänden abhalten kann.
Das weiß ich aber nur theoretisch, denn, wie wir vor der Schleuse auf deren Öffnung warten, kommt unsere Rettung in Form der Péniche ERCNA und deren freundlichem Schiffersehepaar. Sie signalisieren uns sofort, dass sie – wie immer bei Berufsschiffen – zuerst in die Schleusenkammer einfahren und wir dann bei ihnen längsseits festmachen können. Besser geht es nicht, wir fahren hinein, binden unser Boot fest, lassen den lieben Gott einen guten Mann sein und halten ein kleines Schwätzchen mit dem Marinier und seiner Frau.

Die hat vorher beim Einfahren geschickt dem Schleusenwärter ein dickes Tau übergeben, der hängt das in einen Poller ein, der Schiffer "dampft in die Spring", d.h. er läßt die Maschine vorwärts laufen, schlägt das Ruder so ein, dass das Heck gegen die Schleusenwand gedrückt wird, und rutscht so langsam mit seinem dicken Rumpf an den schrägen Wänden hinauf.

Wenn der Schleusenvorgang beendet ist, machen wir los, fahren als erste aus, lassen den Penichenkapitän überholen und bei der nächsten Schleuse vice versa.

Das wiederholen wir mit Variationen sechs Schleusen lang und erfahren vom Skipper viel über unser nächstes Ziel – Pont sur Yonne -, dort sind die Schiffersleut' nämlich zuhause, und über das Leben als Penichenschiffer mit seinen Höhen und Tiefen.
Das Ganze hat daneben auch den Vorteil, dass die Schleusen für das Berufsschiff ohne Verzögerung parat sind und so haben wir die Strecke von fast 30 KM mit sechs Schleusen in knapp fünf Stunden geschafft, sind um kurz nach fünf Uhr im hübschen kleinen Ort angelangt und gönnen uns am Abend ein schönes Menu im schönen Innenhof eines Landgasthofs.

Pfingstsonntag, 8. Juni
Pont sur Yonne – Liegetag
sonnig, sehr heiß
Hier gab's heute am Sonntag großen Markt,

wir wollten eigentlich nur vormittags auf den Markt und dann nach der Mittagspause – wie von unserem netten Pénichen-Kapitän bereits beim Schleusenwärter angekündigt – nach Sens weiterfahren. In Anbetracht der Hitze und des ganz gemütlichen Liegeplatzes haben wir das dann bleiben lassen und sind hier liegen geblieben. Ich konnte dadurch noch etwas Fernarbeit am PC erledigen und bei guter UMTS-Verbindung auch losschicken.
Ansonsten haben wir still vor uns hingeschwitzt und mit großen, diesmal in weiser Voraussicht und den Erfahrungen der Vorjahre mitgenommenen Tüchern uns einigermaßen einen Schattenplatz auf unserem Achterdeck eingerichtet, durch den tatsächlich dann und wann ein kühlendes Lüftchen zog.

Pfingstmontag, 09.Juni 2014
Pont sur Yonne - Sens
sonnig, heiß, nachmittag Gewitter mit Hagel, anschl. kühl und wieder sonnig

Heute fahren wir weiter, nachdem wir uns vorher über Funk (wee asch eff soassantnöff= VHF 69) bei den Schleusenwärtern angemeldet hatten, dass wir weiterfahren wollen; lt. Karte ist Sonntag und Feiertag (Pfingstmontag ist auch in Frankreich gesetzlicher Feiertag, was aber nicht heißt, dass einige Geschäfte nicht doch geöffnet sind und auf der einen oder anderen Baustelle die Handwerker schwitzen) und das Schleusen ist innerhalb der vorgesehenen Zeiten 08:00 – 12:00 und 13:30 – 18:00 Uhr "sur demande", also auf Anfrage. Die Schleusenwärterin antwortet freundlich, dass ein Boot "avalant", also talfahrend an der nächsten Schleuse ist und wir dann bergauf -"montant"- schleusen können. So ist es auch, bei schönem, erst noch nicht ganz so heißem Wetter fahren wir über zwei Schleusen kleine 12 KM und langen in der kleinen (für französische Verhältnisse mit 25.000 Einwohnern schon ziemlich großen) Stadt Sens an, die mit der Kathedrale St.Étienne über die erste Kirche in gotischem Stil in Frankreich verfügt mit wunderbaren Glasfenstern teils im Originalzustand noch aus dem 12.Jahrhundert. Hier liegen wir unterhalb der Brücke an etwas weit auseinander liegenden Pollern, aber mit Wasser- und Stromanschluss "für umme". Der montägliche Markt bei der Kathedrale und teils in einer eigentümlichen, mit hoher Dachkonstruktion versehenen Markthalle aus dem 19.Jahrhundert ist allerdings schon fast vorbei.

Bald zieht es sich zu und wie erwartet, kommt ein Gewitter auf uns nieder, nicht lang, aber mit kräftigen Hagelschauern, die uns um unser Verdeck zittern lassen. Nach einer knappen Stunde ist alles vorbei und "hätt'" wie wir so sagen "noch immer jut jejange". Anschließend kommt die Sonne heraus wie vorher und es ist gleich wieder warm, allerdings ist die Luft frischer und der abendliche Tau auf unserem Schiff läßt uns auf stabileres und nicht mehr ganz so heißes Wetter hoffen.

Dienstag, 10.06.
Sens – Villeneuve
gemischt Sonne mit Wolken, warm


Mittwoch, 11.06.
Villeneuve – Joigny
zunächst bedeckt+kühl, später sonnig und warm
Wunder der Technik oder strampeln für Internetverbindungen....(folgt)


Donnerstag, 12.06.
Joigny – Liegetag
blauer Himmel, weiße Wolken, sehr warm
In der Schiffersprache heißt es Liegetag, wenn das Boot liegen bleibt, nicht etwa die Schiffer. Die haben heute ein Auto gemietet, um nach Auxerre zu fahren. Auxerre liegt an der Yonne, aber wir werden vorher mit dem Schiff auf den Canal de Bourgogne abbiegen.. Auxerre ist eine schöne Stadt, die wir aber schon kannten, der wahre Grund: dort ist eine ORANGE Filiale, in der ich hoffte, endlich meine Karte wieder aufladen zu können. Dort ging das auch problemlos - aber zu Hause angelangt, sprich auf dem Schiff in Joigny, gleiches Problem wie am Vortag. Der Hafen hatte allerdings WiFi, das nur nicht bis zu unserem Steg reichte, ich konnte allerdings halb auf einer Mülltonne sitzend am Abend noch meine Internet-Dinge erledigen. Aber wir haben trotz dieser Internetzeitklauerei einen schönen Tag verlebt, sind durch Auxerre gebummelt, haben die beeindruckende Kathedrale besichtigt, Kaffee und Ricard getrunken und das ganze mit einem Großeinkauf bei Leclerc und Lidl (für halbwegs vernünftiges Bier, die Jevervorräte sind leider erschöpft) gekrönt. Am Abend gabs dann Austern und Crevettes und schönen Wein aus der Bourgogne. 

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