Berichte von Till Friedrich mit etwas Rücksicht auf nicht mit der Sportschifffahrt Vertraute. Kenntnisreichere Leser mögen über einige Erläuterungen auf Klippschul-Niveau für Nicht-Schiffer hinwegsehen.

Freitag, 23. Mai 2014

Amsterdam über Gouda, Dordrecht, Schelde-Rhijn-Kanal, nach Bergen op Zoom, letzte Station vor Belgien

Donnerstag, 01.05. ist der Tag der Arbeit und in Holland kein Feiertag. Dennoch waren für die Jahreszeit hier schon recht viele Bootsfahrer unterwegs. Offensichtlich ist die Woche nach Ostern, gepaart mit Koningdag, Dag van de Arbeid, und 5.Mai, Befrijdingsdag doch Ferien- und Urlaubszeit. (Eben nachgeschaut: Schulferien in Holland vom 26.04. - 05.05.)
Wir arbeiten heute vorsichtshalber nicht, sondern fahren mit dem Boot mitten durch Amsterdam, nachdem wir vorher einem unwesentlich größeren Kollegen die Vorfahrt gelassen haben, der von See über den Ij kommenden AIDA Sol, gebaut von der MeyerWerft in Papenburg an der Ems.



Vom Sixhaven kreuzen wir den Ij und kommen über die Nieuwe Heerengracht in die Amstel, durchfahren auf ihr das nebelgraue Amsterdam bei zunehmend ländlicherer Anmutung mit zunehmend prächtigeren Anwesen rechts und links am Ufer. Langsam kämpft sich die Sonne durch und an der Tolhuizsluis (hat nichts mit Nervenkranken, sondern mit Zoll zu tun) erreichen wir den Aarkanal, der schließlich den Oude Rhijn kreuzt, hier biegen wir nach rechts auf denselben ab, um nach kurzer Fahrt und drei Brücken (an einer gab's reparaturbedingt kurzen Aufenthalt) Alphen a/d Rhijn zu erreichen, wo wir an einer Kaimauer vor einem Cafe für die Nacht festmachen. Eigentlich gibt es am Ende des Städtchens einige Liegeplätze, die aber von Dauerliegern und einem kleinen Boot belegt waren. In der Saison hätte man wohl einige Schwierigkeiten, hier Platz zu finden. Wo wir festgemacht haben, bedeutete ein Schild, dass festmachen nur tagsüber für einige Stunden erlaubt sei.




Wir haben hier gut gelegen (ohne Strom und Wasser) in der Nähe zu einigen Restaurants und Geschäften (u.a. einem ANWB-Shop, in dem ich mein Kartenmaterial auffrischen bzw. ergänzen konnte) Im von uns erwählten Restaurant gab's Spareribs zum Abwinken, für Freund Klaus also kein Halten mehr. Ich erwählte zur Abwechslung ein Wiener Schnitzel.
Freitag,2.05. grau und regnerisch, kalter Wind. Dazu passte, dass beim Wiedereinbiegen in den Aarkanal Richtung Gouda, gleich beide Brücken wegen Stromausfall nicht funktionierten.Unter der einen kommen wir gerade so durch, die nächste aber, eine Eisenbahnbrücke, ist so flach, dass selbst eine Sloep, deutsch Schaluppe, in den letzten Jahren bei Holländern immer beliebter werdende 6 – 8 Meter offene Boote, meist edel mit viel Teak und riesigen Flaggen ausgestattet,nicht durchfahren konnte. Berufsschiffe stauten sich auf, fragten zunehmend ärgerlich werdend nach den Ursachen. Soweit ich das am Funk verstanden habe, gab es keine Verbindung zu den zuständigen Eisenbahnleuten seitens der sonst für die Brücken verantwortlichen Menschen welcher auch immer zugeordneten Behörde. Wir hatten um 10:25 Uhr als erste festgemacht, im Laufe der Zeit kamen immer mehr Boote hinzu, zwei Berufsschiffe ließen ihre leeren Ladeflächen mit Wasser vollaufen und kamen so unter der ersten Brücke spektakulär mit heruntergefahrenen Steuerhäusern lavierend zentimeterknapp hindurch.

Die Eisenbahnverwaltung glänzte weiter laut diverser Funkdurchsagen durch Kommunikationsarmut, wir haben uns wegen lausigen Wetters unter Deck verzogen und ein wenig geplaudert, als wir kurz vor 15:00 ein kurzes Hupsignal hörten. Wir schauen nach draußen, wie von Zauberhand geht die Eisenbahnbrücke auf, und viel zauberhafter, alle Boote außer uns hatten das scheinbar mitbekommen, wir nicht, über Funk war jedenfalls kein Hinweis gekommen. Aber wir haben schnell die Leinen los geworfen und sind als letzte noch durchgeflutscht, dann machte die Brücke wieder zu – Züge im Wasser hat ja auch niemand gern – und die Gegenrichtung, bei der sich auch jede Menge Schiffe aufgestaut hatten, schaute in die Röhre, mußte also liegen bleiben. Wie das ausgegangen ist, wissen wir nicht. Bei etwas trockenerem Wetter haben wir durch einige weitere Brücken die Strecke nach Gouda in knapp zwei Stunden bewältigt, und machen dort kurz vor 17:00 unsere Leinen an der städtischen Kade fest. Es gibt Strom und Wasser und das Liegegeld, am folgenden Morgen kassiert, ist zivil, 12,00 €.

Am Abend ein Rundgang durch die wirklich schöne Altstadt, mit in spektakuläres Abendsonnenlicht

getauchten Renaissance- und Barockgebäuden, im urigen holländischen Eetcafé, Tante Anna oder so ähnlich, haben wir gut gespeist. Ich habe es mir nicht gemerkt, aber Klaus könnte an seinem letzten Abend nochmal Sparribs gegessen haben, ich hatte Ribeye-Steak.
Samstag, 03.05. kühl, aber sonnig ist es, um 09:30 trifft Heiko aus Ostfriesland ein, der Freund Klaus als Mannschaftsmitglied ersetzt, der unbedingt noch ein bisschen in die Toskana muss. Der Mannschaftswechsel bringt auch Vorratsergänzung in Form von last not least wichtigem Getränkematerial mit sich. Ich spreche von zwei Kästen JEVER Bier, die uns bisher und auch künftig vor so merkwürdigen Getränken wie HEINEKEN oder ähnlichem bewahren.
Heiko und ich verabschieden Klaus, machen noch einen Stadtrundgang, der am Abend noch völlig leere Platz in der Stadtmitte ist von buntem Markttreiben erfüllt. 11:30 geht’s dann weiter über die Hollandse Ijssel, vorbei an Capelle a/d Ijssel, Nieuwe Maas. Dort tanken wir an einem Bunkeerboot vergleichsweise günstig für 1,47 €/ltr. Dann ein Stück Leek, in den oder die Noord, bis wir 15:30 Dordrecht erreichen und dort im Hafen nach Überwindung einer Brücke und schwierigen Rückwärtsmanövern an einem andern Boot festmachen.

Liegegeld 17,00 € incl Strom und Wasser, heute gibt's abends mal nach Stadtrundgang Hamburger für 11,95.
Sonntag, 04.05. habe ich gar nicht erst versucht, einen Bäcker (warme Bakker, die sind aber nicht schwul) zu finden, es gibt in der Pfanne getoastetes holländisches Weißbrot. Wie ein ganzes Volk, ohne zu murren, den Terror eines Berufsstandes erträgt, der weder früh aufsteht, noch Brot bäckt, daß der deutsche Graubrotfanatiker und Brötchenliebhaber noch der Baguette und Croissant verwöhnte Franzose ohne größere Revolutionen ertragen würde, ist einfach bewundernswert. Aber schöne Städte haben sie – die Holländer. Von 09:50 bis 15:30 sind wir bei sonnigem, aber kühlem Wetter über das Hollandse Diep, die Volkeraaksluis und schließlich über den Schelde-Rhijn-Kanal nach Bergen op Zoom gelangt, der letzten Stadt in den Niederlanden auf unserer Reise.

Ein viertelstündiger Spaziergang bringt uns vom Jachthafen (Liegegeld 17 € incl. Wasser und Strom) in der Nachbarschaft von Getreidesilos und Containerladestationen in eine wiederum wunderbare Altstadt mit Marktplatz und stolzem Rathaus aus den Zeiten des Gouden Eeuw.

Heute übrigens mal chinesisch-indonesisches Buffett – all you can eat – alles sehr gut und für 17,00 € absolut reell.



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