Berichte von Till Friedrich mit etwas Rücksicht auf nicht mit der Sportschifffahrt Vertraute. Kenntnisreichere Leser mögen über einige Erläuterungen auf Klippschul-Niveau für Nicht-Schiffer hinwegsehen.

Montag, 19. Mai 2014

Bootsfahrt nach Paris 2014

Dieses Jahr soll es über Holland/Amsterdam und Belgien/Antwerpen und Gent nach Paris über Flüsse und Kanäle gehen. Elke möchte jedoch einmal den Frühling im eigenen Garten erleben und nicht schon gleich nach Ostern für Monate auf's Schiff.
Also, Freunde angefragt und so reisen zuerst Klaus (Wiesmoor – Gouda) und dann Heiko (Gouda bis Lille) als Reisebegleitung und Leichtmatrosen mit.

Wiesmoor bis Veenfahrt.
Ostermontag fahren Klaus und ich erst mal die 10 KM von unserem Liegeplatz in Wiesmoor bis zur Schleuse Wiesens auf dem Ems-Jade-Kanal, damit wir am nächsten Morgen gleich um 08:00 Uhr durch die Schleuse können. So ist auch am nächsten Morgen nicht nur die Sonne, sondern auch der eine Woche vorher angerufene Schleusenwärter pünktlich zur Stelle (wir schreiben den 22.04. und die Saison beginnt erst am 10.05.), mittags passieren wir bereits die Verbindungsschleuse bei Emden, um 13:30 schleusen wir in die Ems, die Tide ist günstig für uns und so brausen wir mit 15 KM/h mit der auflaufenden Flut gen Herbrum. Nach halbstündiger Wartezeit entschleusen wir dem widerlich gelben Flutstrom und schippern auf der nun idyllischen Ems bis Steinbild/Marinapark Ems, wo wir gegen 18:30 eintreffen. Ein Schnitzelessen im Hafenrestaurant beschließt den erfolgreichen Tag – bisher habe ich es an einem Tag von Wiesmoor bzw. Wiesens noch nicht so weit geschafft.
Mittwoch 23.04. sind wir nicht ganz so erfolgreich, eine Schleusenreparatur beschert uns eine einstündige Wartezeit, dann geht’s weiter und um 13:30 Uhr verlassen wir die Ems bei Haren und schleusen in den Haren-Rütenbrock-Kanal. An dessen Ende ist aber erst mal Schluss, weil das holländische Schleusen- und Brückenpersonal für heute einen Feierabend schon um 15:15 Uhr beschlossen hatte. In den einschlägigen Publikationen (vom Almanak bis zu den Infoschriften der Provincie Drente) ist zwar von 17:00 Uhr die Rede, aber was soll's, am Ende des Kanals, schon auf holländischer Seite, bevor man nach links in die Veenfahrt oder nach rechts Richtung Stadskanaal einbiegt, liegt eine Tankstelle, die neuerdings auch einen Steg mit Diesel- und Benzinzapfsäule eingerichtet hat. Hier tanken wir zu zivilen Straßentankstellenpreisen (1,37 €/ltr) und dürfen die Nacht an diesem Steg liegen bleiben.

 Im daneben liegenden Imbiss, der eigentlich auch ein Restaurant ist, nehmen wir zur Abwechslung mal ein Schnitzel zu uns. Da taucht auf einmal der holländische Schleusenwärter auf und wir verabreden für den kommenden Morgen eine zivile Schleusungszeit. (09:00 Uhr).

Donnerstag, 24.04. brechen wir bei ziemlichem Nebel passenderweise zu unserer Reise durch das Moorgebiet auf, das die 2013 neu eröffnete Veenfahrt erschließt. Brücken wechseln mit Schleusen ab, die zügig für uns bedient werden.

Die Veenfahrt (Veen, ostfriesisch Fehn, heißt Moor) führt auch mitten durch das Veenmuseum, wo man anhalten könnte und neben den Torfabbaumethoden auch das Leben in einen Veendorf Anfang des vorigen Jahrhunderts studieren könnte, wir schippern gemütlich durch dieses Freilichtmuseum bei langsam sich durchkämpfender Sonne und über u.a. eine niegelnagelneue Doppelschleuse, die uns allein fünf Meter nach oben hieft.
Am Ende der Veenfahrt sind wir zur Mittagszeit angelangt, die Schleusenbedienung hat Pause and so do we. Am Nachmittag gelangen wir durch die „Verlengde Hogeveensche Vaart“ bis Geesbrug, einem kleinen Örtchen mit einem schönen Anleger, vor dem die sonst den Kanal begleitende und entsprechend laute Straße einen Bogen macht und so etwas vorm Traktorenlärm geschützt ist, die offensichtlich an diesem Tag unbedingt noch Gülle fahren, Saatgut einbringen, etc. wollen. Dummerweise waren wir solange mit dem zunächst nicht funktionierenden Stromanschluss beschäftigt, dass der kleine Laden im Dorf schon zu hatte. Inzwischen habe ich vergessen, was wir dort kaufen wollten, scheint also doch nicht so wichtig gewesen zu sein. Restaurant gab's auch keins, also auch kein Schnitzel. Das mitgeführte (Fertig-)Nudelgericht Bami (oder war's Nasi?) Goreng warmgemacht. Jever und anderes Bier hatten wir ebenso wie Wein und Schnaps genügend an Bord, eigentlich genug, um als männlicher Bootsfahrer zufrieden zu sein. Jedenfalls haben wir uns einige dieser Getränke auf dem Achterdeck zu Gemüte geführt, als sich ein Gewitter, zunächst nur ein bißchen, dann aber immer heftiger entfaltete. Wir haben unser Cabrioverdeck geschlossen, die Blitze, die gewaltigen Donnerschläge und das ungeheure Prasseln des Regens genossen und uns dabei unverdrossen weiter unterhalten (von wegen Männer sagen nichts), wobei aus der Unterhaltung eine ziemliche Schreierei wurde, um das Gewitter zu übertönen.

Weiter bis Amsterdam

Freitag, 25.04 wollten wir eigentlich nach Meppel weiterfahren, entschließen uns aber dann, es links (eigentlich eher rechts) liegen zu lassen und laufen um 16:00 den Stadthafen von Zwartsluis an, bzw. machen um dies Zeit an der Kade fest.

Abends gibt’s kein Schnitzel, sondern Spareribs bzw. Rumpsteak. Am Abend gab es zwar schon einen Vorgeschmack, die folgende Nacht jedoch war die Hölle: buchstäblich die ganze Nacht fuhren irgendwelche Wahnsinnige mit ihren ohne Auspuff infernalischen Lärm entwickelnden „Broomfietzjes“ (nach diesen Erfahrungen ein sehr verharmlosender Ausdruck) kreuz und quer und immer wieder bis halb sechs Uhr morgens durch die Stadt. Keine Polizei, keine Bürgerwehr, kein einsamer, aber umso gerechterer Django hat sie verhaftet, gehängt oder erschossen. Ob das eine Brauchtumsveranstaltung am Vorabend des am 26.04. in Holland begangenen „Koningsdag“ war? Wir wissen es nicht.
Samstag, 26.04. hat uns nach diesen Erlebnissen die tapfere Mannschaft in orangenen Kleidungsstücke und mit orangenen Kopfbedeckungen versehen nicht aus der Fassung bringen können, die vor einem Portrait des Königspaares mit Lautsprechermusik und Ansprachen vorbeikommende Passanten zum Mitsingen animiert haben. Ein „warmer Bakker“ hatte trotz Koningsdag bis 11:00 geöffnet, sodass ich etwas von dem herrlichen, Kühlschrankbutter sich aber hartnäckig verweigerndem holländischen Weißbrot zum Frühstück erstehen konnte. Dann Flucht aus diesem Ort der Liebhaber der Lautstärke über das Zwarte Water in die Randmeren und dort bis Elburg.


Trotz grauen Wetters hatte die Ausübung des Koningdages auch hier viele orangene Menschen zusammengeführt, mit Ach und Krach haben wir einen auf eine Stunde begrenzten Platz (nur „een Hoofdgericht!“)in einem Restaurant in diesem ebenso wie Zwartsluis sehr hübschen Städtchen ergattert und etwas Italienisches zu uns genommen. Jetzt ist klar, eine „Schnitzelreise“, wie Klaus und ich sie schon einmal zusammen unternommen haben, wird es nicht.
Sonntag, 27.04. ist leider auch grau und schlimmer, aus leichtem Niesel wird ein wahrer „Land“regen, obwohl wir uns auf dem Wasser bis Harderwijk fortbewegt haben, um dort in einem Hafen neben dem Delphinarium festzumachen, aus dem merkwürdigerweise hauptsächlich Seehundgebell zu vernehmen war. Heute abend wurde es griechisch, kein Schnitzel.
Montag, 28.04. habe ich mich per Fahrrad auf die Suche nach einem Bäcker begeben (keiner machte vor 09:30 Uhr auf, also wieder Toast morgens) und nach einem in meinem etwas betagten Navi verzeichneten Aldi, wo ich eine holländische Prepaidkarte für mein mobiles Internet erstehen wollte. Aber anscheinend wollen die Leute in Harderwijk nur ins Delphinarium und nicht zu Aldi, der hat daraufhin zugemacht. Nach dem Frühstück ein weiterer Rundgang durch dieses wunderschöne Städtchen mit alter Stadtmauer und entsprechenden Toren, das früher einmal ein Hafen an der Zuidersee (und sicher auch Hansestadt) war, nun aber an einem breiten Wasserarm zwischen altem Festland und neuem, dem Meer bzw. dem aus der Zuidersee (was Meer bedeutet) zum Ijsselmeer (was See bedeutet) verwandelten Gewässer abgepolderten Flevoland liegt. (Ich muss doch etwas kürzere Sätze machen). Um 11:30 Uhr geht’s weiter durch das Randmeer gen Westen durch die Nijbergschleuse, einen kurzen Schwenk durch den südlichen Zipfel des Ijssel- bzw. des Markermeers, Einfahrt in Muiderberg in die Vecht und bis ins malerische Weesp.

 Am Abend gibt’s mal wieder Sparerips.
Dienstag, 29.04.
In Weesp ist Markt, vormittags ein kurzer Rundgang, dann durchfahren wir Weesp und biegen in den Amsterdam-Rhijn Kanal, erreichen den Ij und kurz darauf, um 12:40 , machen wir unsere Leinen fest im Sixhaven gegenüber des Hauptbahnhofs von Amsterdam. Auf dem Ij liegen große Kreuzfahrtschiffe, die mit eigener Kraft ankommen und nur zum Anlegen etwas Bugsierhilfe in Anspruch nehmen. Und vom Sixhaven kommen wir zu Fuß nach Überquerung der benachbarten Schleuse mit einer Fähre in kürzester Zeit in die Innenstadt. Bei warmem, aber grauen Wetter machen wir einen ersten Rundgang, der uns so erschöpft, dass wir nach unserer Rückkehr auf dem Boot die müden Füße kühlen und beschließen, an Bord es uns dank vorfabrizierter Bratkartoffeln und dem einen oder anderen Bier gut gehen zu lassen.
Mittwoch, 30.04. scheint nach nebelgrauem Morgen ab ca. halb zwölf die Sonne, wir gehen los Richtung Innenstadt setzen wieder mit der merkwürdigerweise nichts kostenden Fähre über (jedenfalls haben wir keine Bezahlmöglichkeiten entdeckt, uns dabei aber auch nicht besonders angestrengt).

Zum Anne-Frank-Haus, das wir in Anbetracht der mindestens 500 Meter (!) langen Schlange nur von außen in Augenschein genommen und in der Nähe alternativ in der wärmenden Sonne einen Capuccino zu uns genommen haben. Rembrandt's Nachtwache haben wir uns lieber auf dem Rembrandtsplein als belebte Plastik angeschaut, nachdem wir uns durch eine typisch Amsterdamer Pizza gestärkt haben, die von einem ausschließlich Englisch sprechenden Personal serviert wurde.
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Ja, und jetzt ist schon der 19.05. und ich habe immer noch nichts weiter geschrieben und keine Fotos eingestellt, aber lieber Leser, es wird... inzwischen sind wir über Gouda, Antwerpen, Gent, Kortrijk und Lille nach Cambrai gelangt, in Gouda wechselte Heiko Klaus ab und vergangenen Donnerstag wechselte schließlich die beste aller möglichen Ehefrauen meinen treuen Matrosen Heiko ab. Näheres folgt, aber bis ierhin wollte ich es immerhin schon der Weltöffentlichkeit präsentieren.

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