Berichte von Till Friedrich mit etwas Rücksicht auf nicht mit der Sportschifffahrt Vertraute. Kenntnisreichere Leser mögen über einige Erläuterungen auf Klippschul-Niveau für Nicht-Schiffer hinwegsehen.

Samstag, 22. Mai 2010

Berlin - erreicht

Donnerstag, 20. Mai 2010
Werder - Berlin-Spandau, Scharfe Lanke

Wetter - grau, frisch, aber trocken, im Laufe des Tages wärmer und sonnige Abschnitte (!!!?)

Kurz vor Caputh, aus dem Schwielow-See kommend fährt vor uns in den kleinen Kanal zwischen Schwielow-See und Templiner See ein uns bekanntes Boot ein. Die Schiffersleut' sind Engländer und wir haben vor 14 Tagen ein langes schleusenreiches Etmal gemeinsam gemeistert und uns anschließend bei einem gemeinsamen Abendessen angeregt unterhalten. Das passiert immer wieder, daß man Boote und ihre Besatzung bei längeren Strecken mit dem selben Ziel wieder trifft, auch wenn unterwegs ganz unterschiedliche Halteplätze angesteuert werden oder der eine oder der andere an einem Ort mal einen Tag länger bleibt. Vor drei Jahren auf unsere damaligen Berlin-Tour haben wir ein Ehepaar über viele Wochen immer wieder mal getroffen, völlig zufällig ohne jede Verabredungen. In Wolfsburg haben wir sogar ein Boot und seinen Skipper getroffen, dem wir vor zwei Jahren zwischen Elsaß, Straßburg und rheinab bis Koblenz mehrfach begegnet sind. Die Schifferswelt ist eben ein Dorf.
Von Werder

ging es heute über Schwielow-See, Templiner See, ohne Halt durch Potsdam durch - kennen wir durch frühere Aufenthalte ganz gut - weiter durch den Tiefen See, unter der weltberühmten Glienicker Brücke hindurch

- ja, eben jene mit den Agentenaustauschen zu Kalte-Kriegs-Zeiten - die Havel weiter stromauf, vorbei an Pfaueninsel (und vorher und nachher noch jede Menge Schinkel-Bauten an den Ufern), den Großen Wannsee steuerbord lassend erreichen wir schließlich nach 3 Stunden und 32 KM Spandaus Ufer in Pichelsdorf an der Scharfen Lanke.

Hier waren wir 2007 auch schon einmal. Man liegt hier wunderbar, wir haben wieder einen Anlegeplatz in der ersten Reihe und ein italiernisches Restaurant gleich am Platze (Am Pichelsee 22, "Il Pescatore", empfehlenswert).
Der Tag klingt aus mit dem Besuch eines Freundes bei gemeinsamen Abendessen in besagtem Restaurant.

Freitag, 21. Mai 2010
Berlin - Spandau Liegetag
Wetter - erst grau, aber warm, im Laufe des Tages zunehmend blauer und wärmer - 25°, das wir das noch erleben dürfen.

Vormittags kommt der Monteur von Volvo-Hoth (direkt auf der anderen Straßenseite) an Bord - einen kurzfristigen Termin konnte ich am Donnerstag-Nachmittag noch ergattern - und er heilt unser Wasserpumpen-Problem buchstäblich durch Handauflegen. Einmal den Deckel vom Wasserfilter ab, etwas an der Dichtung gewischt, wieder zugeschraubt und - funktioniert.
Ich kann es nicht fassen, einen ganzen Nachmittag habe ich nichts anderes gemacht als auf- und zugeschraubt und abgewischt - der aufmerksame Leser erinnert sich des Berichtes vom Liegetag in Idensen ca 14 Tage vorher am Mittellandkanal. Aber, jetzt, auch nach mehrmaligem Probieren, auf- und wieder zuschrauben, es funktioniert. Also gut. Ich erwerbe noch neue Dichtungen (0-Ringe), montiere diese und die Funktion hält an. Hat der verdammte Filter doch irgendwo Luft gesogen. Na, Hauptsache, es funktioniert.
Mittags machen wir uns per Bus auf zur Museumsinsel und besuchen das "Neue Museum" tief beeindruckt von Vorgeschichte (Eiszeit, Neandertaler und so bis zum Goldhelm, frühe Bronzezeit) und von der Restaurations-Architektur dieses jahrzehntelang halb verfallen/verwahrlosten Gebäudes, erlahmen unsere kulturellen Kräfte und die unserer Beine, noch ein Geschwindgang durch die ägyptische Abteilung (Nofretete natürlich) und andere Räume und nach zweieinhalb Stunden wanken wir in den Lustgarten, treffen dort einen anderen lieben Freund, mit dem noch ein Bier und ein schönes, gemeinsames Abendessen, zur Abwechslung mal italienisch, aber bei des Freundes Hausitaliener im Nicolai-Viertel, sehr gut. Noch ein Stündchen Busfahrt und wir geniessen auf dem Achterdeck den noch leidlich warmen Abend mit Halbmond und einigen Sternen und auch einem Bier oder zwei oder so. 

Samstag, 22.Mai 2010
Berlin - Spandau Liegetag

Wetter - erst zögerlich, dann immer mehr blauer Himmel, zwischendurch Wolkenfelder und auch frischer Wind, aber das kann man für diese Jahreszeit gelten lassen.

Nun sind wir in der Hauptstadt, aber auch hier ist die Welt nicht anders, mehr und mehr konzentriert sich das Einkaufsangebot vor allem bei Lebensmitteln auf große und größte Märkte, selbst der Kaiser's in Pichelsdorf hat aufgegeben, immerhin war - nicht weit von unserem Liegeplatz - ein Einkaufszentrum mit einem großen Kaiser's, mehreren kleinen Geschäften, Imbißläden und Lottogeschäft und - für Schiffer besonders wichtig, einem Laden von AWN, einem großen Bootsartikelvertreiber. Der ist noch da, aber kein Kaisers, die kleinen Läden alle leer, nur die Imbißfrau hält durch mit dem Mut der Verzweiflung. Ja, und wo kriegen wir jetzt unser Brot, Bier, Obst, Wurst und was der Mensch sonst noch so braucht, her? Jetzt passen Se mal uff, da lang ist der Penny (begeistert mich nicht), da lang der Reichelt/Edeka.

Noch ne ganze Ecke, zu Fuß eigentlich nicht erreichbar. Also starten wir heute eine Fahrradexpedition mit zwei Rücksäcken und ich balanciere noch einen kleinen leeren Bierkasten (11 Flaschen, zur Fußballweltmeisterschaft, wie sinnig, elf Freunde sollt ihr sein, aber elf Flaschen?) mit Krombacher Weizen alkoholfrei (eine Empfehlung meines Arztes, weniger aus Gesundheitsgründen, mehr von Biertrinker zu Biertrinker). Zurück kehren wir reich beladen mit u.a. Beelitzer Spargel, Erdbeeren, einem gefüllten Krombacher Elfer-Kasten und anderen überlebenswichtigen Dingen. Ja, das Einkaufen als Schiffer ist für autogewohnte Menschen eine  Herausforderung.

Und dann, heute nachmittag, man höre und staune, war auch noch ein kleines Schläfchen in der Sonne auf dem Achterdeck drin. Man staune nicht deswegen, daß wir fleißigen Schiffersleut auch mal zu einem Schläfchen kommen, sondern - hallo! - draußen, in der Sonne, ohne zu befürchten, daß irgendwelche Gliedmaßen wegen Erfrierungen amputiert werden müssen.

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