Berichte von Till Friedrich mit etwas Rücksicht auf nicht mit der Sportschifffahrt Vertraute. Kenntnisreichere Leser mögen über einige Erläuterungen auf Klippschul-Niveau für Nicht-Schiffer hinwegsehen.

Sonntag, 2. Mai 2010

Sonntag, 02.Mai 2010
Herbrum - Haren an der Ems

Auch heute eingeschränkte Schleusenzeiten auf dem DEK (sonn- und Feiertags 06:00 bis 14:00), daher stehen wir schon mal ungewohnt früh auf (07:00). Die Sonne ist aufgegangen und scheint hoffnungsfroh über einige kleine Wolken hinweg. Sollte der Wetterbericht geirrt haben...? Um es vorweg zu nehmen, er hat nicht, im Laufe des Vormittags wirds grauer und grauer, bis es schließlich auch ein paar Tröpfchen gibt.

Wir machen indessen frohgemut nach gemütlichem Frühstück um 09:10 Uhr die Leinen los und gerade will ich, eben in die Ems eingefahren, ein bißchen Gas geben, da stockt mir mal wieder der Atem...die Backbordmaschine im roten Bereich. Sofort augeschaltet, mit halber Kraft, also nur dem Stbd-Motor weiter, Elke übernimmt das Ruder und ich die Fehlersuche. Das Kühlwasser dampft mir auch schon entgegen wie bei den Autos früherer Tage. Sollte sich wieder einmal ein Keilriemen verabschiedet haben oder der Impeller (Pumpe für das Kühlwasser)? Nein, Keilriemen ist in Ordnung, vielleicht der Wasserfilter verstopft?
Als verantwortungsbewußter Skipper habe ich natürlich nach dem Motorstart auch überprüft, ob das Wasser läuft (da gibt es ein Schauglas, das aber nicht immer so ganz klare Schau gibt) und ich könnte schwören, das es lief. Also erst mal den Wasserfilterdeckel abschrauben, das darin befindliche Sieb ist vom gestrigen Ems-Flutwasser auch ganz schön verschlammt (muß denn bloß für die Meyerwerft in Papenburg die Ems immer tiefer und tiefer ausgebaggert werden mit der Folge immer größerer Schlammtransporte während der Gezeiten?), aber verstopft? Kann man eigentlich nicht sagen, egal, Sieb gereinigt, Filter wieder verschraubt, den etwas abgekühlten Motor wieder gestartet, mais hélàs, kein Wasserstrom zu sehen.
Gut (oder auch nicht) fahren wir erst einmal in die vor uns auftauchende Schleuse Bollingerfähr, die nach Funkanfrage schon die Tore weit geöffnet hat und grünes Licht zeigt.
Nach der Schleusung legen wir an einem Steg an und ich gehe der Kühlwasserversorgung weiter auf den Grund, öffne den Filter erneut und gieße mit einem Schlauch Wasser in die Ansaugleitung zum Motor, ist da nämlich Luft drin, hat's der Impeller mit dem Wasser ansaugen schwer. Deckel wieder verschraubt, Motor gestartet, das Wasser läuft, die Pumpe funktioniert und die Motortemperatur bewegt sich brav im grünen Bereich - et hätt' noch immer joot jejange.

Für Technikinteressierte ein kleiner Exkurs, die anderen lesen einige Zeilen weiter unten weiter.
Schiffsmotoren (für Sportboote) sind zunächst mal nichts anderes als Automotoren, aber die Kühlung muß anders funktionieren als dort. Beim Auto wird das zirkulierende Kühlwasser im Kühler - ein dichtes Geflecht wasserdurchströmter Lamellen - durch den Fahrtwind gekühlt. Das geht beim Schiff nicht, hier muß das Kühlwasser anders gekühlt werden, ein viel verwendetes System, auch bei unseren Volvo Penta Motoren (die in Wahrheit Peugeot-Motoren sind, die durch die Tochterfirma  Penta von Volvo marinisiert wurden) ist das sogenannte Zweikreissystem. Ein innerer Kühlwasserkreis zirkuliert wie beim Auto - Motor, tritt aber nicht in die fahrtwindgekühlten Lamellen eines Autokühlers ein, sondern in einen Wärmetauscher, in dem der zweite, "äußere"  Kreislauf frisches (kaltes) Wasser zirkulieren läßt, in der Regel ist das Wasser dem entnommen, auf und in dem das Boot schwimmt, daher wird dieser Kreislauf "Seewasser" (auch wenn's aus Fluß oder Teich kommt) genannt. Dieses Wasser wird also von außen angesaugt, durch den Wärmetauscher gepumpt, wo es das Kühlwasser des inneren "geschlossenen" Kreislaufs kühlt und dann mit den Auspuffgasen zusammen wieder außenbords gepumpt wird. Das Pumpen übernimmt ein Gummischaufelrad in einem Gehäuse, der Impeller, und da das Wasser von außen ja auch verunreinigt sein kann und der Durchmesser der Ansaugöffnung schon recht groß ist  (6 - 8 cm), wird das Wasser vor Eintritt in den Motor durch einen Filter geführt (der schon mal verstopfen kann). Wenn nun also dieser äußere Wasserkreislauf gestört ist (Filter oder Ansaugöffnung verstopft, Impeller defekt, Keilriemen zum Impellerantrieb defekt), dann wird der Motor früher oder später zu heiß. Alles klar?

So, nun auch für die Technikuninteressierten weiter.
Wo waren wir? Ach ja, die Kühlung funktioniert wieder und der Stress hat auch unseren Blutkreislauf geweitet und soll ja in Maßen gesund sein. Vielmehr gibt's auch nicht zu berichten, außer daß wir nach zwei weiteren Schleusen in Haren an der Ems im neuen Sportboothafen um 13:40 festgemacht haben, hier wir erst mal wieder Wasser gebunkert und morgen werden wir im alten Hafen Diesel tanken. Hoffentlich ist der Preisgott uns gnädig. Was sonst zu Haren zu bemerken ist, habe ich schon im Vorjahr beschrieben, als wir von hier aus durch den Haren-Rütenbrok - Kanal gen Holland geschippert sind, siehe:http://tillmauritius.blogspot.com/2009/06/oldersum-bis-groningen.html (unter Freitag, 05.06.2009)

1 Kommentar:

  1. Jetzt habe ich endlich verstanden, warum aus dem Aus-puff immer auch Wasser pufft.
    Klasse erklärt.
    Ja, und Dein kritischer Unterton gegen die Meyerwerft-Privilegien kostet doch wieder Arbeitsplätze und Prämienpunkte. (:-)

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