Berichte von Till Friedrich mit etwas Rücksicht auf nicht mit der Sportschifffahrt Vertraute. Kenntnisreichere Leser mögen über einige Erläuterungen auf Klippschul-Niveau für Nicht-Schiffer hinwegsehen.

Samstag, 26. Juni 2010

jetzt sind wir schon fast zu Hause



Donnerstag, 24.06.2010
Elsfleth - Surwolde (am Küstenkanal)

Die Hunte mit auflaufendem Wasser (vulgo Flut) bis Oldenburg, dort warten wir zwei Stunden vor der Schleuse, bis drei Berufsschiffe (die immer Vorrang haben) hochgeschleust wurden. Die Schleuse ist nur für Schiffe mit maximal 85 Meter Länge ausgelegt, die meisten Berufsschiffe sind so lang, inzwischen gibt es auch die Klasse der 110 Meter Schiffe. Jedenfalls, wenn dann ein Berufsschif in der Schleuse ist, gibt's keinen Platz für Sportboote mehr. Aber schließlich kommt kein Berufsschiff mehr und mit vier anderen Sportbooten schleusen wir endlich in den Küstenkanal ein, der schnurgerade und ziemlich langweilig, begleitet von einer lauten Bundesstraße die West-Ost-Verbindung zwischen Ems und Weser schafft. Im Laufe der über 50 Kilometer, die wir auf diesem Kanal fahren, überholen wir die vor uns geschleusten Berufsschiffe alle (die dürfen 10 KM/h fahren, Sportboote 12 KM/h). So ein Überholmanöver im Kanal ist ziemlich spannend, weil physikalische Gesetze (die ich nicht verstehe, nur von ihnen weiß) dafür sorgen, daß das Wellensystem des Berufsschiffes eine anziehende Wirkung auf das Sporboot hat und es gleichzeitig abbremst, sodaß das Passsieren der 85 Meter langen Boliden sich schweißtreibend hinziehen kann. Aber durch Absprache über Funk mit dem zu überholenden Berufsschiff, dem allgemeinen Abhören des Funkverkehrs und duch den Gebrauch eines Fernglases hat man schon vor dem Überholmanöver erkundet, daß (höchstwahrscheinlich) kein Gegenverkehr kommt.
Nach einem langen Tag mit gut acht Stunden Fahr- (und Warte-)zeit biegen wir ca. 12 Kilometer vor Ende des Kanals in den Jachthafen Surwolde ein und genießen noch einen warmen Sommerabend an Bord mit am Morgen in Elsfleth eingekauften Baguette- und anderen Brötchen und einigermaßen kaltem Bier. Der Kühlschrank läuft unterwegs auf 12 Volt und da ist er wirklich nicht sehr leistungsstark.

Freitag, 25.06.2010
Surwolde - Oldersum (Ems)

Hochwasser ist an der Schleuse Herbrum an der Ems heute um 13:49 Uhr, d.h. daß danach die Ebbe einsetzt und damit die Strömung auf der tidenabhängigen Strecke der Ems bis ins Meer nun mit uns, den nordwärts strebenden, den Talfahrern ist.
Kurz nach 10:00 Uhr brechen wir auf, fahren noch 12 KM Küstenkanal bis zur Schleuse Dörpen, die uns auch gnädig mit schnell geöffneten Toren empfängt. Nach der Schleuse geht es noch ca. drei KM auf dem Küstenkanal, dann erreichen wir die Einmündung in den Dortmund - Ems- Kanal, wenden uns talwärts, also nach Norden Richtung Emden, haben noch die Schleuse Bollingerfähr und nach weiteren sieben Kilometern die Schleuse Herbrum, die idyllisches Emsschippern von Befahren gelber Brühe trennt, die Mekong, Jangtse und was sonst noch für gelbe Flüsse in den Schatten stellt, also das Fahren auf ruhigen, idyllischen Binnengewässern trennt von gezeitenabhängigen, die noch dazu durch ständig tieferes Ausbaggern für ein katholisches Unternehmen in Papenburg mit riesigen Kreuzfahrtschiffen ständig mehr Schlick und absterbende organische Masse hin und her bewegt.
Und fast genau zum Tidenhöhepunkt haben wir die Schleusung hinter uns und brausen auf der uns immer schneller im Ebbstrom tragenden Ems dahin, bei gleicher Motorleistung erst 13 KM/h, dann 14, 15, schließlich fast 20 KM/h.
Das Wetter ist friesisch blau mit einigen Wolken, 25 °, aber relativ kräftigem Nordwestwind, der die gelben Fluten bald zu kabbeligen Wellen aufrührt ("Wind gegen Strom" heißt das in Fachkreisen) mit der Folge, daß immer öfter und immer höher das Wasser über Deck und Fenster spritzt.
Nach knapp drei Stunden haben wir Oldersum erreicht, wo man die Ems verlassen und in den Ems-Seitenkanal einschleusen kann, was wir tun. Dort hinter der Schleuse ist ein Jachthafen und wir machen nach knapp 70 Kilometern und acht Stunden um 17 Uhr 15 fest.
Ein abendlicher Spaziergang ins Dorf führt uns zu einem Biergarten, in dem heute Grillabend ist. Nackensteak, Bauchspeck, Schnitzel, Bratwurst, Nudel- und Kartoffelsalat nebst einigen Bieren und zwei Korn zum Abschluß haben uns sagenhafte 22 Euro gekostet.
Darüber scheint der Mond.



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