Berichte von Till Friedrich mit etwas Rücksicht auf nicht mit der Sportschifffahrt Vertraute. Kenntnisreichere Leser mögen über einige Erläuterungen auf Klippschul-Niveau für Nicht-Schiffer hinwegsehen.

Sonntag, 20. Juni 2010

weiter auf der Weser


Sonntag, 20.06.2010
Nienburg - Hoya


28 KM, eine Schleuse und 2 Stunden bei einigermaßen trockenem, stark wolkigem, aber nicht zu kaltem Wetter von Nienburg nach Hoya, einem kleinen Städtchen an der Weser mit Uferpromenade, "blauem Wunder" (nachts blau beleuchteter Brücke, die auch tagsüber blau ist). Ein altes Städtchen, einst Sitz einer Grafschaft, gepflegt. Bürgermeister ("blaues Wunder")

 und Tourismus haben Ideen (Museumseisenbahn "Kaffkieker").

Wie so oft, fällt mit auf, daß unsere Art zu reisen, nicht nur die immer wieder neue Entdeckung der Langsamkeit ist, sondern auch die Entdeckung des Landes. ("Schland, oh Schland...").
Man kommt an Orte, die sonst im Leben nicht ein Reiseziel gewesen wären, entdeckt die kleinen Schönheiten,
Weser-Fachwerk



und sieht Entwicklungen manchmal deutlicher als in großen Städten. Eine lange Einkaufsstraße gibt es, jede Menge Läden, aber... der eine leer, der andere "Ausverkauf wegen Geschäftsauflösung", der dritte, ja was ist da zum Verkauf? Etwas Trödel, etwas Computer (in der 1A-Lage), der Metzger - war einmal. Lebensmittel? Ein Asia-Food und Kitschladen. Sonst: Versicherungen, Secondhand-Kleidung, usw.
leer

Früher war der Ort offenkundig regionales Zentrum, heute? Man kämpft, und hat direkt am Ortszentrum ein "Famila". (Riesensupermarkt wie Walmart o.a.) Der ist wahrscheinlich mit ein Grund fürs Geschäftesterben, aber gäb's den nicht, wär gar nix mehr am Ort.
Also nicht nur im Osten, der Ex-DDR, überall geht es so. In Frankreich ist das schon vor zwanzig Jahren passiert, Italien steht es bevor, die kleinen Städte sterben aus und in den großen Städten sterben die Stadtteile aus. Unter dem 22.05. habe ich Beobachtungen in Berlin-Spandau zu dem Thema geschildert, im Zusammenhang noch ein Nachtrag. Große Wohnhäuser, offenkundig mit Eigentumswohnungen, stehen mit schönem Blick an der Scharfen Lanke (Havel, Wannsee), gepflegte Grünflächen: auf dem Weg zu EDEKA, der naheliegende KAISER's ist -wie beschrieben- seit ein oder zwei Jahren geschlossen, eine alte Frau mit Rucksack, damit sie die Hände frei hat für zwei Stöcke, die sie zur schwer gebeugten Fortbewegung benötigt. Vielleicht nutzen ihr die Erfahrungen von Hamsterfahrten einst.
Na, nun werden wir aber was pathetisch. Jedenfalls, wenn ich jetzt - um halb elf abends - aus dem Schiffsfenster schaue - wie immer in der ersten Reihe mit Blick auf Weser und Hoyas "blauem Wunder", es ist noch hell, kein Wunder, aber eine schöne Jahreszeit.

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